Alert Bay

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JoMa’s Fähre nach Alert Bay geht um halb 12. So bleibt noch genügend Zeit für’s Zmörgele und etwas Rumtrödeln. Die Sonne lacht wieder vom Himmel. Vielleicht haben wir Glück und es wird trotz Regen-Prognosen ein schöner Tag für den Sightseeing Trip. Die Fähre ist «just in time» und die See spiegelglatt.

Hier in Alert Bay ist die First Nation Kultur allgegenwärtig: Knapp die Hälfte der 537 Einwohner gehört nach eigenen Angaben einem der 12 Stämme der Kwakwaka’wakw an. Dies ist eine Gruppe von First Nations (Indianer), in deren traditionellem Territorium sich der Ort rund um Alert Bay befindet. Die drei regionalen First Nations werden vom Musgamagw Tsawataineuk Tribal Council vertreten. Zu diesen Kwakwaka’wakw-Gruppen gehören die Mamalilikulla, die Kwicksutaineuk und vor allem die ‚Namgis, in deren traditionellem Gebiet Alert Bay liegt. Im Ort steht der höchste Totempfahl der Welt. Er besteht aus drei Teilen und soll 56,4 m hoch sein.

  • Totem vor dem U’mista Cultural Center
    Totem vor dem U’mista Cultural Center

Wie in den USA wurde auch hier in Kanada versucht, die First Nations gewaltsam in die westliche Kultur zu «integrieren» oder treffender, zu zwingen. Mit der Einführung des obligatorischen Schulbesuches für alle Kinder zwischen 7 und 15 Jahren, wurde für alle First Nations Kanadas sogenannte Residential Schools eingerichtet. In Alert Bay war dies von den 20er bis in die 70er Jahre die «St. Michael’s Indian Residential School». In der Residential School wurde, wie in den meisten Schulen dieses Typs, bei schweren Strafen darauf gedrungen, dass die Kinder nicht ihre Sprache benutzen, sondern Englisch sprachen. Auch andere kulturelle Äusserungen, wie Tänze, Lieder, Schnitzereien, etc. waren strikt untersagt. Allgemein kam es in diesen Schulen, welche in der Regel von kirchlichen Organisationen betrieben wurden, zu Tausenden von Übergriffen auf die Schüler und zu einer hohen Sterblichkeitsrate. 2008 entschuldigte sich Premierminister Stephen Harper für die Zustände an diesen Schulen. Hier im U’mista Cultural Center wird sich ausgiebig diesem Thema gewidmet. JoMa bestaunen die Kulturschätze und schauen zum Schluss noch eine Dokumentation über den Neubau des grossen Versammlungshauses, das unweit des Museums steht. Das alte Versammlungshaus wurde Opfer einer mutwilligen Brandstiftung.

  • U’mista Cultural Center
    U’mista Cultural Center

Im U’mista Cultural Center wird auf die Erhaltung der Kultur und die Bewahrung dieser hingewiesen, umso unverständlicher erscheint es JoMa dass die Einwohner hier schier in einem Berg von Unrat um die eigenen Häuser leben. Auch der Umgebung und Natur wird nicht Sorge getragen – überall liegen Schiffswracks am Strand, alte Motoren rosten vor sich hin oder sogar Batterien, Plastikkinderspielzeug mit Elektronik… Vieles sieht heruntergekommen und völlig verwahrlost aus. JoMa fragen sich, wie das zusammen passen kann…

  • Weggeworfenes und nicht mehr Gebrauchtes überall ums Haus...
    Weggeworfenes und nicht mehr Gebrauchtes überall ums Haus...

In den 1950-1970ern war Alert Bay eine blühende Hafenstadt. Es lagen hier oft mehr als 1000 Fischer Schiffe im Hafen. In der Gegend wurde reger Holzhandel und in den Minen wurde nach Erzen und Metallen geschürft. Wöchentlich trieben mehrere tausend Menschen durch die Stadt. So entstanden Restaurants und Bars, Theater, etc. Das Nachtleben in Alert Bay soll das wildeste hier im Norden von Vancouver Island gewesen sein. Es gibt Geschichten, in den die Fischer nach einer guten Fangwoche mehrere tausend Dollar in einer Nacht in den Bars verprasst haben. Doch dieser Glamour ist schon längst vorbei….

Mit der Fähre geht es wieder retour nach Port McNeill. Im Hafen angekommen sehen sie mit Erstaunen, dass ein Bald Eagle am Fährterminal nach Beute Ausschau hält.

 

 

 

 

 

  1. Grady

    Great post! As a thoughtful visitor, it must be hard to comprehend the duality of the native peoples living once in harmony with nature and now mainly struggling to live the modern way. From my experience with friends and family, I believe it is a matter of generational and continuing trauma that holds back the growth of most of the native people of north America. The scars are so fresh and deep that they will take a long time to heal. From the native perspective, the „colonization“ was nothing short of an attempted genocide and even after a couple hundred years it will take a long time to heal those wounds.
    I would recommend a book if you haven’t read it yet, Bury my heart at wounded knee.

    Thanks for the post and for the open and caring mind about the history of the land. 🙂

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