Ausgrabungsstätte El Tajín

Veröffentlicht in: Mexiko | 0

Für unsere Verhältnisse brechen wir schon recht früh am Morgen los. Auch wenn es nur gerade etwas mehr als 1 km bis zur Hauptstrasse ist, fordert uns der Rumpelweg recht. Jo muss an den Top of the World Highway denken, der einen Stossdämpfer gekostet hat. In der Stadt schlängeln wir uns so durch. Bis El Tajín, der Ausgrabungsstätte und Ruinenstadt, ist es nicht weit.

El Tajín (spanisch-totonakisch „Der Blitz“) ist eine präkolumbische Ruinenstadt nahe der Ostküste Mexikos bei der Stadt Papantla, südöstlich von Poza Rica de Hidalgo im Bundesstaat Veracruz. Diese war wahrscheinlich zeitweilig Hauptstadt der Totonaken (aztekisch Tachiwin), weist mehrere grosse pyramidenförmige Stufentempel auf und wurde vor 800 Jahren aufgegeben. Nach ihr wurde die Tajín-Kultur benannt. El Tajín ist ein UNESCO Weltkulturerbe.

Als wir bei den Pyramiden ankommen, haben die Händler drum herum ihre Läden immer noch mit Planen verhangen. Schön, sind wir noch für uns. Einen englischsprachigen Guide gibt es erst in einer Stunde. Für JoMa etwas früher. Sie treffen den Guide unterwegs auf seiner Tour mit anderen Besuchern und fangen ihn sozusagen ab, als er fertig ist – so brauchen wir allen nicht den weitläufigen Weg zurück zum Eingang zu machen. Auch wenn sein Englisch nicht so gut ist, verstehen JoMa was er meint und können seinen Ausführungen folgen.

  • Vor den Pyramiden in El Tajin haben die Händler noch zu. Wir sind zu früh
    Vor den Pyramiden in El Tajin haben die Händler noch zu. Wir sind zu früh

El Tajín ist eine „Spielstätte“ gewesen. Hier wurde ein Mannschafts-Ballspiel (juego de pelota) je nach Grösse des Spielfelds mit 2, 4 oder 6 Spielern ausgetragen. Bei diesem Spiel mussten die Mannschaften den Ball mit der Hüfte in einen hochgelegenen Ring befördern. Dieser Ball war ein harter Kautschuk-Ball, weshalb die Spieler auch einen grossen Hüftstein (yugo) trugen. Es wird angenommen, dass entweder die Verlierer oder die Sieger anschliessend geköpft wurden, wobei feststeht, dass die rituelle Opferung damals als grosse Ehre galt und die Spieler ihr ganzes Leben darauf vorbereitet wurden. Heute existieren noch 10 Ballspielplätze in El Tajín; der bekannteste ist der Juego de Pelota Sur mit 60 m Länge. Dieses Ritual der Ballspiele wurde einst nur an bestimmten Festtagen durchgeführt, zu Ehren der Götter der Fruchtbarkeit, wie Tlazoltéotl und Xipe Totec.
Auch in anderen präkolumbischen Städten gab es rituelle Ballspielplätze im Bereich der Tempelanlagen, etwa in Tikal, Guatemala.
Die wichtigste Pyramide hier in El Tajín ist die sogenannte Nischenpyramide Sie ist 25 m hoch und hat eine Grundfläche von ca. 1225 m². Die Pyramide hat 365 Nischen, was höchstwahrscheinlich ein Sonnenjahr symbolisieren soll.

Auch heute noch wird in El Tajín mehrmals am Tag ein altes Fruchtbarkeitsritual der Totonaken gezeigt, der Danza del Volador. Vier Männer (Voladores) symbolisieren die vier Winde, ein fünfter Mann gilt als Symbol der Sonne. Tanzend bewegen sich die vier Männer auf den Stamm zu. Sie begrüssen den Stamm und umkreisen ihn mehrmals. Dann begeben sich die vier „Winde“ auf die Spitze des Stamms. Als letzter klettert der fünfte als „Sonne“ auf die Spitze des Stammes. Er setzt sich gen Osten und beginnt, mit einer kleinen Trommel und einer Flöte zu spielen, während die vier „Winde“ sich drehend das Seil um den Unterleib wickeln. Die „Sonne“ begrüsst nun die vier Himmelsrichtungen mit ihrem Spiel. Sie wendet sich diesen nacheinander zu und tanzt auf der Spitze. Danach lassen sich die vier „Winde“ kopfüber langsam mit genau 13 Drehungen auf die Erde nieder. Die Sonne spielt während dieser Zeit die Trommel und Flöte. Nachdem die vier Winde die Erde erreicht haben, begibt sich die Sonne am Stamm oder über eines der Seile auf die Erde nieder. Dieses Ritual diente früher der Vorbereitung von Jünglingen zwischen 20 und 25 Jahren. Die Voladores begaben sich eine Woche vor dem Ritual auf die Suche nach einem geeigneten Baum. Vor dem Fällen tanzten sie ihm zu Ehren und baten um die Erlaubnis für das Fällen. Erst dann wurde der Baum mit grosser Vorsicht gefällt, damit ihm so wenig Schmerzen wie möglich zugefügt werden. Der ausgesuchte Baumstamm musste mindestens 25 m hoch und die Seillänge genau abgemessen sein, damit die vier fliegenden Voladores exakt 13 Umkreisungen des Stammes erreichen, welche einen Zeitraum von 52 (4×13) Jahren symbolisieren. Die Kleidung der Voladores ist auch heute noch eine rote Hose, ein weißes Hemd, ein rotes Band um die Hüften sowie ein Federkopfschmuck.

Nach dieser ausführlichen Führung und einem weiteren Rundgang sind wir gut im Zeitplan für den restlichen Tag. Erst im dritten Anlauf finden wir einen ATM der zum einen auch mit Banknoten bestückt ist und uns auch überhaupt eine Auszahlung machen lässt. In Mexiko ist bezahlen mit Bargeld die Regel. Alles andere ist die Ausnahme! Daher ist es wichtig, immer genügend Bargeld mit sich zu führen. Der Wechselkurs beträgt grob gerechnet 1:18.

Später kommen wir auch auf die ersehnte Bezahlstrasse, was die Fahrt angenehmer macht, bzw. machen sollte… Geht es anfangs noch gut voran, machen zum Ende der Strecke mehrere einspurige Baustellen mit Verkehrsregelungen die Weiterfahrt mehr als zähflüssig.

Es geht in mehreren Stufen mehr als 1’600 m bergauf. Die schwerbeladenen Trucks fahren gerade mal mit 10 km/h die Steigungen hinauf. Dabei haben wir immer gedacht, dass wir die Langsamsten sind.

 

Mittlerweile beginnt es auch zu regnen. Oh Schreck, die Scheibenwischer gehen nicht. (Hier an den Tankstellen wird man noch bedient. Oftmals inkl. Scheibenreinigen. Dabei haben die letzten gutmeinenden Bediener bestimmt die Scheibenwischer nicht gerade zaghaft angefasst – Martha hat leider etwas sensible Wischer, die sich nicht Ausklappen lassen.) Das Gestänge ist wieder ausgehebelt. Hier auf der Standspur, die als 100%tige Fahrspur mitgenutzt wird, im Regen zu stehen und das Gestänge wieder einzuhebeln, trauen sich JoMa nicht. Die Unfallgefahr ist zu gross. Es muss auch so gehen. Schliesslich hat es keine Topes, Kreuzungen und Ampeln. Und während der einspurigen Baustellenfahrten geht es nur im Schritttempo voran. Alles geht gut!

  • Regenreiche Fahrt mit kaputten Scheibenwischern zu unserem Hotel in Huauchinango
    Regenreiche Fahrt mit kaputten Scheibenwischern zu unserem Hotel in Huauchinango

Durch diese langsame Bergauf-Fahrerei kommen wir jetzt doch noch später als gedacht im Hotel an. Es hat auf der Strecke zur übernächsten Unterkunft keine andere Möglichkeit unterzukommen. Ausserdem sind die Hotelpreise hier sehr günstig. Für umgerechnet 27 CHF bekommen wir ein Doppelzimmer mit allem, was dazu gehört. Leider können wir Martha nicht im hoteleigenen Parkhaus unterstellen; sie ist mit knapp 2.70 m einfach zu hoch. Sie bleibt direkt vor der Einfahrt stehen, direkt im Fokus der Kamera des Nachtwächters.

  • Martha steht schief in der Garageneinfahrt zu unserem Hotel in Huauchinango
    Martha steht schief in der Garageneinfahrt zu unserem Hotel in Huauchinango

Hungrig und müde ob der ganzen Fahrerei wollen JoMa auswärts essen gehen. Obwohl es regnet, wird wegen der nicht funktionierenden Scheibenwischer zu Fuss gegangen. Eigentlich möchte Ma in ein feines Resti, aber das gibt es hier nicht in der Nähe. Eine Pizzeria ist ausfindig gemacht worden. JoMa nehmen eine Abkürzung quer durch das Quartier. Trotz Schirm für Ma und Regenjacke für Jo sind beide schon nach kurzer Zeit gut durchnässt. JoMa müssen aber leider feststellen, dass die Pizzeria einer Autowerkstatt weichen musste. Hungrig, kalt und nass ist die Laune auf minus 100 % angekommen. Essen wir halt im Hotel, wobei das sicherlich nichts Berauschendes sein wird! Die Speisekarte gleicht einem Fast Food Service. Und das Hotelresti versprüht den Charme einer Mensa, in der das Essen in der Mikrowelle aufgewärmt wird. Unser Dessert ist dann auch eine Tüte Popcorn aus eben einer solchen Mikrowelle. JoMa sind die einzigen Gäste, die in dem kalten zugigen Restaurantbereich ihr komisches Essen zu sich nehmen. Heute kann hier keine Rede von geniessen sein. Im Zimmer hat es nur Schummerbeleuchtung. Es ist kühl und etwas unangenehm feucht. Eine Heizung hat es nicht. Der kleine Heizungsradiator kommt zum Einsatz.

Morgen gehts weiter in Richtung Hauptstadt: Mexiko Stadt.

 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert