Links neben uns, hinter einer Bretterwand, hören wir immer wieder, auch in der Nacht so ein heiser klingendes Geräusch. Als Jo am frühen Morgen über den Zaun linst, ist jedoch nichts zu sehen, sondern nur zu hören. Ob das ein einheimischer Vogel ist, oder gar ein Pfauen-Weibchen, das auf Kevins Werben antwortet? Später erfahren wir von einem Angestellten, dass es ein Pitbull Terrier sei, der den ganzen Tag heiser bellt. «Das arme Tier», denken sich nicht nur JoMa.
Wie vereinbart, sind wir um 13 Uhr bereit. Wasser, warme Kleidung, Mütze, Handschuhe und festes Schuhwerk; alles vorhanden. Den Ablauf kennen wir ja schon von der Beschreibung her. Unser junger Fahrer Ivan holt erst noch Clarissa und Rita, zwei Schwestern aus Guatemala City an ihrem Hotel ab, bevor es zur Hauptbüro geht, wo man sich nach Bedarf noch mit dicker Kleidung und Wanderstöcken eindecken kann.
Dann geht’s los. Raus aus den engen Strassen der Stadt und ab in den Wald. Erst auf einer öffentlichen Schotterstrasse, bis auf ein privates Grundstück eingebogen wird. Hier werden noch die Personalien aufgenommen und man muss den üblichen Fackel mit den Haftungsausschlüssen unterschreiben.
Ab jetzt geht es wirklich ungemütlich zur Sache. Schlimmer geht einfach nimmer. Alles an Durchschütteln, was wir bisher erlebt haben, ist ein Kindergarten dagegen. Mit unserer Martha hätten wir vielleicht die ersten 5 m geschafft und wären dann entweder aufgesessen oder im Sand stecken geblieben! Unserem Fahrer scheint es einen Heidenspass zu machen. Plötzlich wird die Strasse so steil, dass wir alle denken, das geht doch nie und nimmer! Der Pickup schlingert, Räder drehen abwechslungsweise durch – aber Ivan kennt sich aus und kämpft uns selbstbewusst hoch und höher. (Dazu muss man sagen, dass wir als zahlende Gäste in der angenehmen Fahrerkabine auf weichen Polstern sitzen. 2 Guides sitzen hinten auf der offenen Ladefläche und werden mächtig durchgeschüttelt.)
Dass wir nicht die einzigen sind, die sich auf den Weg zum Basislager am Vulkan Acatenango machen, hat sich Jo schon gedacht. Wie aus dem Nichts sind auf einmal hunderte Wanderer auf dem steilen und staubigen Pfad. Mit ihren gestellten hölzernen Wanderstöcken kommt es Jo vor, als wären wir auf einem Pilgerpfad. Es werden immer mehr. Nach gut 40 min. kommen wir an einem zentralen Sammel- und Parkplatz auf einem Hochplateau an. Mit dem Auto sind wir gut und gerne über 2’000 m aufwärts gekommen. Alle anderen haben über 1’500 Höhenmeter zu Fuss gemacht. Und müssen noch ein paar Meter mehr machen.
Schliesslich verteilen sich alle diese Massen auf die einzelnen Camps, die sich mehr oder weniger in 3’500 m Höhe an die Flanke des Acatenango schmiegen.
Fast, aber auch nur fast, schämen wir uns, die «Warmduscher Tour» gebucht zu haben. Aber wir sind mit Abstand die Ältesten und sind doch über die fast 11 Monate unserer Reise eher «Martha Potatos» geworden. Nicht in die Breite, aber ausser Kondition. Und so haben wir noch genug Energie, den Sonnenuntergang-Spaziergang in der dünnen Luft auf 3500 m.ü.M. zu machen. Morgen früh geht es für uns nochmals gut 500 m hoch auf den Kraterrand des Acatenango auf bis 3’950 m, um den Sonnenaufgang erleben zu dürfen. Dafür wollen wir fit sein und nicht heute schon brach darnieder liegen!
Ein Kollege von unserem Guide Elmer ist nicht gekommen, so muss der arme Kerl viel alleine Schleppen. Nach guter alter Tradition nicht mittels Rucksack auf den Schultern, sondern mittels Netz für die sperrigen Dinge und Stirnband, so dass die Nackenmuskeln alles zu tragen haben. Nach nochmals gut 40 min. kommen wir im Camp an. Ausser uns vieren gehören nochmals fünf weitere Gäste zu unserem Camp. Sie sind mit einem zweiten Auto hochgefahren. Übernachtet wird in einfachen Dreiecks-Hütten mit Wellblech, ein paar Holzpaletten auf dem Boden, auf denen ein paar einfache mitteldünne Matten liegen. Für jeden hat es einen Schlafsack und wer mag, oder es benötigt, kann sich noch mit einer zusätzlichen Decke zudecken.
Für heute Abend werden noch zwei zusätzliche, unterschiedliche Touren angeboten. Eine kurze halbstündige Wanderung zu einem Aussichtspunkt, von dem wir auf der einen Seite den immer wieder Feuer und Lava speienden Fuego sehen können und gleichzeitig den Sonnenuntergang über dem Wolkenmeer sehen werden. Oder wir gehen noch auf eine mehrstündige Wanderung hinüber auf eine Schulter des Fuego – weiter hoch wird gefährlich; da fliegen schon mal Steine und flüssige Lava durch die Luft. Ein älterer, für uns unangenehmer Mitcampierer, ist doch extra wegen der Vulkane hergekommen, und nicht für den Sonnenuntergang über irgendeinem Wolkenmeer. Seine Tochter, die bisher immer nur von einer Liege bis zum Pool gewandert ist, muss da einfach mit. Ausserdem macht sich Rita mit auf die Tour.
Wir anderen geniessen die einmalige Aussicht auf den immer mal wieder qualmenden Fuego und dem wirklich einmalige Sonnenuntergang.
Zum Znacht werden wir mit einer heissen Schoki zum Apéro, Spaghetti mit Tomatensauce und Parmesan verwöhnt. Ausserdem hat unser Guide ein schönes Lagerfeuer angefacht. Als Abschluss zum Dessert werden wir mit Marshmallows verwöhnt. Es ist hier oben eine kalte Nacht. So tummeln sich alle gerne um das wärmende Feuer.
Die Gruppe, die zum Fuego aufgebrochen ist, kommt erst dann zurück, als JoMa schon dick eingemummelt und mit 2 Decken zugedeckt ihn ihren Schlafsäcken liegen. Sie müssen erschöpft und hungrig sein!
Die Nacht ist kalt und kurz. Auch wenn hier oben auf mehr als 3’500 m die Luft schon merklich dünn ist, geht es JoMa recht gut. Da sind schon ganz andere Geschichten zu hören gewesen…
Morgen ist kurz vor vier Tagwache. Dann gehen alle die, die Sonnenaufgangstour machen wollen, noch vor dem Frühstück hoch zum Krater des Acatanango.
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