Die sternenklare Nacht auf über 2’700 m war mit -1 Grad Celsius eine leichte Frostnacht. In Martha war es am frühen Morgen immerhin 10 Grad wärmer. Schon vor 5 Uhr wird es wieder hell. Es ist deutlich bemerkbar, dass die Tage wieder länger werden. Als so gegen 8 Uhr die Sonne gegenüber dem See hinter den Baumspitzen hervorkommt, wird es schnell wärmer. Trotzdem ist es Ma in Jacke und Mütze noch etwas wohler…
JoMa fühlen sich in den Yukon oder Alaska zurückversetzt. Die Espenwälder, diese Einsamkeit mit Stille und Ruhe, die Natur mit ihrer Vielfalt, dies Seen. Dies alles lässt den Tag in einer merklichen Langsamkeit beginnen. Der erste guten Morgen Kafi wird in der Sonne sitzend genossen. Spüren, wie die wärmende Sonne die Lebensgeister in einem weckt. Einfach mal sein. Dies alles ist nicht so weit weg von der anderen Welt, mit ihrer touristischen Stadt Moab, die alles zu bieten hat. Schön, dass wir die Balance zwischen all diesen Dingen halten und immer wieder finden können. Als der Vormittag immer weiter voranschreitet, ist es doch so langsam an der Zeit, von diesem herrlichen Ort aufzubrechen.
Als wir uns nur kurz von Bill, unserem Camp Host, verabschieden möchten, kommen wir natürlich in eine kleine Plauderei mit ihm. Bill ist ein ganz interessanter und gescheiter Mensch. Er ist studierter Insektenforscher (Entomologe) und ist viel in Zentral- und Mittelamerika auf Feldforschung gegangen – oftmals mit bewaffneter Unterstützung von ein paar Soldaten und mit einem Übersetzer. Er war auch Soldat und danach in der Entwicklungshilfe an vielen Orten der Welt tätig, Während seiner PhD-Zeit an der Penn State University war er auch mehrere Jahre als Dozent in seinem Wissensfach tätig. Später hat er sich zum Feuerwehrmann und Smoke Jumper ausbilden lassen. Jetzt ist er bei der Regierung angestellt, bekommt einen kleinen Lohn und ist sehr glücklich mit seinem Leben und seiner Arbeit. Wird im Winter der Campground wieder geschlossen bekommt er einen Campground in Florida oder Kalifornien zugeteilt, wo es sonniger und wärmer ist. Für den Umzug seines kleinen Tiny Hauses auf Rädern, kommt sogar die Regierung auf. Sie stellen 2 Fahrer mit einem Pickup und los gehts…
So entwickelt sich ein ganz spannendes Gespräch. Gerne würde er das gemeinsame Selfie mit ihm auch bekommen. Doch er besitzt weder ein Smart- noch ein sonstiges Telefon, auch keine E-mail Adresse, also gar nix Digitales. Aber wir können es ihm gerne per Post zu schicken. An der Adresse in Utah ist er bis Ende September erreichbar… Wenn er das Foto bekommt, wird es auch sicher Aufnahme in sein Jahrbuch bekommen. Wenn das mal keine gute Motivation ist!
Nicht weit von Fish Lake entfernt geht unsere Wanderung los. Immer wieder sind weisse Schneereste zu sehen. Entsprechend ist der Seezufluss noch im „Hochwasser-Modus“. Nach einem kleinen Umweg, um nicht knietief im Wasser und Matsch zu versinken, können wir gut voranschreiten. Immer wieder wechseln sich schnell vorbeiziehende Wolken mit prallem Sonnenschein ab. So heisst es auch immer wieder Mütze und Jacke aus- und wieder anziehen.
Als wir vom markierten Wanderweg abbiegen und dem Pferdeweg folgen, hören wir, wie sich ein paar Hirsche durchs dichte Unterholz bewegen. Etwas später sehen wir die ganze Hirschfamilie davonspringen, um die 10-12 Tiere.
JoMa spüren, dass sie auf über 2’800 m wandern: Die Luft ist merklich dünner und das Atmen fällt schwerer als sonst.
Nach dem dichten Unterholz kommen wir auf eine grössere Ebene. Hier finden wir die Überreste von bestimmt 10 verendeten Hirschen oder Hirschkühen, die so machen strengen Winter wohl nicht durchgestanden haben. Einige Knochenfunde können erst von diesem Winter sein. Es sind noch Fellreste ersichtlich. Andere dagegen sind schon ausgebleicht und nur noch halb erhalten. JoMa kommen sich wie auf einem Elefantenfriedhof vor, nur dass es sich hier um Hirsche und Hirschkühe handelt. Etwas seltsam ist allerdings, dass die Schädel und meist auch die Beinknochen jeweils fehlen. Wurden sie von Aasfressern verschleppt? Oder waren es doch die Jäger, die diese Tiere erlegt haben?
Am Ende der Ebene kommen JoMa am Johnson Valley Reservoirs an. An seinem Ufer wird eine Rast eingelegt.
JoMa sind froh, auch hier wieder einen Wanderweg zu finden, der zwar nirgendwo in einer Karte verzeichnet ist, aber die Abkürzung zurück zum Parkplatz sein müsste. So müssen sie nicht durchs Unterholz stiefeln. Von hier aus ist es noch eine knappe Stunde, bis JoMa wieder bei Martha ankommen. So wird aus einer 1-stündigen Wanderung eine über 3-stündige. «Haben wir uns wenigstens etwas bewegt…»
Jetzt ist es nicht mehr weit bis nach Torrey , zum Thousand Lakes RV Park. Wir merken ein weiteres Mal, dass hier oben die Saison erst seit wenigen Tagen eröffnet ist. Alle Campgrounds sind mehr oder weniger leer und es sind keine Autos auf der Strasse unterwegs. So können wir die Fahrt in aller Ruhe geniessen. Von den gut 2’700 m fahren wir auf knapp 2’150 m hinab. Auch wenn wir in Torrey immer noch über 2’000 m sind, ist es hier richtig warm. Auch wenn ein starker böiger Wind herrscht.
Das WLAN im Campground ist leider eher zu vernachlässigen. Da kommt nichts Gescheites zustande. Für das ZoMo morgen werden wir nach Torrey in ein Café fahren müssen. Dort bekommen wir Kaffee und noch was Süsses dazu. Vielleicht können hier ja auch ein paar liegengebliebene Hausaufgaben gemacht werden?
Der Wind wird in der Nacht nicht weniger. Es rüttelt an Martha und pfeift um die Ecken.
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