Um sicher einen Parkplatz ergattern zu können, heisst es für uns, vor 6 Uhr Tagwache. Als Jo nach dem Zmorge den Abwasch macht, streifen wie schon gestern Abend eine Herde Rehe friedlich auf Futtersuche durch den Campground. Sie lassen sich weder durch die Camper, noch durch sonst etwas, beim Äsen aus der Ruhe bringen. Nur ab und zu heben sie neugierig der Kopf, drehen ihre grossen Ohren in alle Richtungen, nur um sich danach wieder den Grashalmen am Boden zu widmen.
Wie erhofft, finden wir eine hervorragenden Parkplatz direkt am Startpunkt der Wanderung. So früh am Morgen ist es im Schatten des Canyons des Grand Wash noch angenehm kühl. In der Sonne dagegen treibt es JoMa schon die Schweissperlen auf die Stirn. Der Grand Wash trägt seinen Namen zu Recht. Mächtige steil aufragende, teilweise bis über 50 m hohe Felswände, lassen JoMa erahnen, welche Wassermassen hier einst vor zig Millionen Jahren durchströmen mussten, um sich derart in den Fels einzugraben. Die nachfolgende Erosion aus Regen, Eis und Wind taten ihr übriges.
JoMa sind froh, so früh aufgestanden zu sein. Sie geniessen es, noch allein in diesem riesigen Canyon zu sein in der wundervollen Stille der Natur. Bis zur Abzweigung zum Cassidy Arch ist es eher flach. Doch nach der Abzweigung ändert das rapide. Ab jetzt geht es in einem schmalen Pfad gut 250 m in die Höhe. Immer an den gebogenen Felswänden entlang, kurven JoMa sich nach oben.
Kurz vor dem Ziel, dem Cassidy Arch, treffen JoMa auf Dan, der schon wieder auf dem Rückweg ist. Er meint, dass es herrlich sei, so alleine unterwegs zu sein. Letztes Jahr im Juni, als er zu ersten Mal hier unterwegs war, herrschte ein grosses Gedränge. Er fragt JoMa, warum so viele Deutsche und Schweizer hier anzutreffen sind. «Weil wir keine solch einzigartige Natur in unserem Lande haben und Bergwanderungen lieben» antwortet Jo. So kommen sie für eine Weile ins Gespräch.
Dan ist Regierungsangestellter in Washington DC, arbeitet aber oft im Ausland. Er betreut in Krisengebieten Projekte zur Energie- und allgemeiner Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln. Es macht ihm sehr viel Freude. Nur leider ist er dadurch oftmals monatelang von seiner (deutschen) Freundin getrennt. Länder wie Brasilien, Südafrika und weitere Länder in Afrika waren schon seine Einsatzgebiete. Er verdient zwar im Vergleich zur privaten Wirtschaft nicht viel Geld, da er aber kostenfrei Wohnen kann und auch sonst einige Vergünstigungen hat, gleiche sich das wieder mehr als aus. Ausserdem könne er eine hohe Pension erwarten. Da sein Job parteipolitisch übergreifend ist, muss er sich keine Sorgen machen im Falle eines Regierungswechsels – was er übrigens bei den kommenden Wahlen leider für sehr wahrscheinlich hält. Bei einem Machtwechsel werden in der Regel mehr als 20’000 Regierungsangestellte ausgetauscht. Nicht alle finden gleich wieder einen Job in der Wirtschaft… Viele andere Stellen werden nur noch mit einem befristeten Vertrag weitergeführt. Er ist noch jung und voller Tatendrang, um die Welt ein Stück weit gerechter werden zu lassen.
Wenn er in der Schweiz ist, um die Berge zu bewundern, kommt er sehr gerne mal in Amden vorbei. Die Adresse hat er ja jetzt.
Es dauert nicht mehr lang, bis JoMa das Ende der Wanderung erreichen. Doch «Where is the Arch?» fragen sich nicht nur die beiden. Eigentlich isr der Cassidy Arch nur von unten gesehen ein Bogen – von oben sieht er aus, als hätte jemand ein grosses rundes Loch in den Fels geschnitten. An einer Seite gibt es extra für Kletterer eine durch Ketten gekennzeichnete Stelle, an denen sich Kletterer bis nach unten abseilen können, um dann von dort den Abstieg bis Canyon-Grund fortzusetzen.
Es ist Mittag, als JoMa den Retourweg antreten. Jetzt kommen ihnen doch einige Wanderer entgegen. In der Mittagssonne bietet die Natur einen ganz anderen Anblick als noch heute morgen mit den langen und dunklen Schatten. Unten im Gand Wash angekommen, lässt die senkrecht stehende Sonne die Temperatur nur so in die Höhe schnellen.
Schliesslich wieder beim Parkplatz sehen sie eine fast nicht enden wollwende Autoschlange an Randstreifen stehen. Glücklich, wer einen ordentlichen Parkplatz ergattern kann!
Auf dem Retourweg zum Campground bestaunen JoMa noch die Petroglyphen. An manchen hätte Erich von Däniken als Forscher ausserirdischen Lebens seine wahre Freude gehabt. Leider scheinen mehrere dieser einzigartigen Zeitzeugen aus vergangenen Zeiten wohl Zielscheiben einiger Schiesswütiger gewesen zu sein: An markanten Petroglyphen sieht leider mehrere Einschusslöcher, bzw. Schusskrater. Hier herrschte wohl blinder Vandalismus vor.
Im Campground angekommen, nun auf dem gemeinsamen Stellplatz mit Markus und Ariane, geht es auch sogleich ins nahe gelegenen Gifford House zum Glacé und Fruit Pie essen. Schliesslich dürfen wir uns alle nach den anstrengenden Wanderungen mit etwas Süssem belohnen… Teils im kühlen Schatten, teils in der warmen Sonne sitzend, geniessen wir alle unsere süsse Belohnung beim gemütlichen Erzählen und Diskutieren. Wer hätte gedacht, dass Ariane eine so leidenschaftliche BVB Fussballbegeisterte ist? Wie haben wir alle Corona erlebt und sind trotzdem reisen gegangen? Was lohnt sich zu sehen, wo ist es besonders spannend und interessant auf dieser Welt? Und vieles andere mehr…
Ma zaubert unter Zusammenlegung von Kartoffeln und Gemüse ein allen wohlschmeckendes indisches Gemüse Curry.
Als um uns herum schon alles ruhig und dunkel ist, gehen auch wir müde in unsere Heihabettchen.
Morgen heisst es Abschied nehmen von unseren neuen Freunden. Vielleicht sehen wir uns am gemeinsamen Ziel Bryce Canyon nochmals wieder? Wer weiss das schon?
Anonym
Cassidy Arch Fotos muss (darf) man zweimal schauen um den Bogen zu sehen, fenomenale Foto.