Bevor wir uns schon am Morgen überschlagen müssen und vielleicht sogar noch vertrieben werden, machen wir uns etwas früher als nötig auf dem Weg. Es ist zwar noch reichlich Zeit bis zur gebuchten Führung mit einem Aboriginal Guide in der Mossman Gorge, doch die vertreiben wir uns mit einem Einkauf und später einer gemütlichen Tasse Kaffee im Schatten des Mossman Gorge Cultural Centre.
Etwas abseits vom grossen Touristentrom begrüsst uns Yallanda, unser Guide für die nächsten 1 ½ Stunden. Yallanda ist Mitglied der Kuku Yalanji. Er nimmt uns mit auf einen sogenannten „Dreamtime Walk“ (Traumzeitspaziergang). Zu Beginn der Tour gibt es eine traditionelle Begrüssungszeremonie. Es ist wichtig, ganz im Regenwald aufzugehen, den Geruch des Waldes in sich zu tragen und nicht als einzelne, verschieden riechende Fremde, sondern als einheitliche, freundlich gesinnte Gruppe dem Wald zu begegnen. In ein kleines brennendes Feuer wirft er die noch feuchte Rinde eines Baumes aus dem Regenwald. Wenn wir durch diesen Qualm gehen, nehmen wir den Geruch des Waldes auf. Die Tiere des Waldes nehmen so den menschlichen Geruch nicht mehr wahr.
Yallanda klärt uns auf, dass die Suche nach Wasser im Regenwald immer eine zentrale Rolle spielt, wenn man sich nicht gerade in der Nähe eines Flusses befindet. Das grosse King Fern, welches bis zu 10 m hoch wachsen kann, ist immer ein Indikator für Wasser. Das King Fern ist eines der grössten und mit 300 Millionen Jahren eine der ältesten Pflanzen auf der Welt. Viele andere Pflanzen des Regenwaldes sind wahre Wasserspeicher. Die Aboriginal People wissen um jede dieser für sie wichtigen Pflanzen. Aus welchen Baumrinden Fischreusen gebaut werden können. Wie sie mit der gebogenen Flugbahn eines Bumerangs Vögel im Flug erlegen und welche Baumnüsse regelrechter Superfood sind.
Gympie Gympie, auch bekannt als Australische Brennnessel, ist eine unscheinbare grossblättrige Pflanze und doch eine der giftigsten Pflanzen hier im Regenwald. Auf ihrer Blattoberfläche sind Millionen kleiner, sehr dünner, stacheliger Haare, die das Gift auf ihrer Oberfläche haben. Hat man so ein Blatt berührt, gilt es äusserst vorsichtig zu sein. Nicht über die Stelle reiben! Es würde dazu führen, dass die dünnen Haare abbrechen und sich nur noch sehr schwer entfernen lassen. Am besten nimmt man Enthaarungswachs oder Klebeband. Die brennenden Blätter lösen eine heftige allergische Reaktion aus, die manchmal sogar einen anaphylaktischen Schock verursacht. Der Stich kann monate- oder teilweise jahrelang unerträgliche, lähmende Schmerzen verursachen. Betroffene beschreiben das Gefühl, als ob sie mit Säure verbrannt, unter Strom gesetzt oder von riesigen Händen zerquetscht würden.
Direkt neben uns liegt schlafend eingekringelt eine Pythonschlange auf dem Boden. Die Regenzeit, die normalerweise im Dezember beginnt, war letzte Saison mit 6 Monaten wesentlich länger und heftiger als im Normalfall. Deshalb haben weniger Pflanzen geblüht bzw. Früchte machen können und aus diesem Grund sind auch weniger Tiere im Regenwald zu sehen.
Etwas weiter zeigt er uns, welche einfachen natürlichen Materialen sie zur Herstellung ihrer traditionellen Farben verwenden. Roter Stein, Ocker, Asche oder einfacher Flussschlamm bilden die Grundsteine ihrer Farben. Yallanda selber gehört zu der Familie der Baumkängurus des Regenwaldes. Daher zeichnet er aus Flussschlamm weisse Punkte, die den Regen darstellen auf die Aussenseite seines Unterarms. Auf der Innenseite zeichnet er Ockerfarbende «Zungen» für das Symbol Familie.
Bevor durch die Holländer und James Cook die ersten Europäer nach Australien kamen, gab es mehr als 500 Stämme oder Familien mit ihrem jeweils eigenen Dialekt. Was allerdings alle Stämme oder Familien gemeinsam haben, warist die Schöpfungsgeschichte durch die Regenbogenschlange. Sie ist die Schöpferin der Welt und des Himmels.
Nach dieser wahrhaft interessanten Tour mit Yallanda machen wir noch eine eigene 1-stündige Wanderung durch den Regenwald. Es ist immer wieder faszinierend, wie das Leben von einzelnen Tieren und Pflanzen sich zu einem grossen Kreislauf zusammenfügt.
Als wir wieder am Ausgangspunkt unserer Regenwald Tour ankommen, ist es nur noch eine knappe ½ Stunde bis zum Draintree Riverbank Campground. Es ist noch angenehm hell, als Ma mit dem Kochen beginnt. Merklich sind die Tage schon etwas länger geworden. Auch sind sie nicht mehr so kalt, wie noch zu Beginn unserer Reise in Melbourne bei Iris und Familie.
Morgenfrüh möchten wir eine Croki-Tour machen. Unsere Landlady hier vom Campground kann uns keine Empfehlung geben, wann die beste Uhrzeit sei, um eine dieser urzeitlichen Echsen zu Gesicht zu bekommen. «Immer wieder über den ganzen Tag verteilt», meint sie. Wir machen es davon abhängig, wann wir morgen Lust haben auszustehen und was wir mit dem Tag noch alles anfangen möchten 😉
Anonym
spannend und einzig