Unsere Tour, die wir im Hostel buchen konnten, beginnt damit, dass wir zu viert gemeinsam in einem Tuk-Tuk zur ersten Gedenkstätte, dem TOUL Sleng (S-21) fahren. Noch unterhalten wir uns entspannt mit Jytte, der jungen Hamburger Lehrerin, die gerade ein Sabbatical Jahr macht und noch viele Länder erkunden möchte.
Als wir alle zusammen in Toul Sleng ankommen und der Audioguide die ersten eindrücklichen Worte an uns richtet, ist es mit der entspannten Atmosphäre vorbei.
Schreckensherrschaft der Roten Khmer, 1975-1979 Tuol Sleng und Choeung Ek sind zwei der bekanntesten Gedenkstätten des kambodschanischen Genozids, die von den Roten Khmer unter Pol Pot zwischen 1975 und 1979 verübt wurden. Beide Orte sind mit dem Leid und der Zerstörung verbunden, die während der Schreckensherrschaft des Regimes über Kambodscha hinweggingen. Tuol Sleng (auch bekannt als S-21) war ein ehemaliges Schulgebäude in Phnom Penh, das von den Roten Khmer als Folter- und Gefängniseinrichtung umfunktioniert wurde. Etwa 17’000 Menschen, darunter Intellektuelle, Politiker, Militärs, religiöse Führer und vermeintliche Gegner des Regimes, wurden dort festgehalten, gefoltert und verhört, bevor sie in der Regel nach Choeung Ek oder anderen Exekutionsorten gebracht wurden. Die Gefangenen wurden brutal misshandelt, um „Geständnisse“ zu erzwingen, die oft frei erfunden waren. Choeung Ek, etwa 10 Kilometer südlich von Phnom Penh gelegen, ist ein Massengrabkomplex, der als eines der bekanntesten „Killing Fields“ bekannt wurde. Hier wurden die Gefangenen aus Tuol Sleng und anderen Gefängnissen ermordet. Die Rote Khmer exekutierten ihre Opfer oft mit primitiven Methoden wie Schaufeln, Äxten oder Schlägen, um die Munition zu sparen. In Choeung Ek wurden die Opfer in Massengräbern verscharrt, die später durch archäologische Ausgrabungen untersucht wurden. Beide Orte sind heute Erinnerungsstätten, die sowohl das unvorstellbare Leid der Opfer ehren, als auch dazu dienen, zukünftige Generationen vor den Gefahren von Ideologien der Gewalt und des Hasses zu warnen. Sie sind essenzielle Stationen auf der Reise durch die kambodschanische Geschichte, die die grausamen Folgen der Roten Khmer-Herrschaft dokumentieren und die Erinnerung an den Genozid lebendig halten. Unter der Führung von Pol Pot war die Herrschaft der Roten Khmer, die vom 17. April 1975 bis zum 7. Januar 1979 dauerte, war eine der schlimmsten Gräueltaten des 20. Jahrhunderts. Ihr Ziel war die Schaffung einer radikal agrarischen Gesellschaft, in der alle modernen Institutionen abgeschafft und die urbane Bevölkerung zwangsweise auf das Land umgesiedelt wurde und eine „rein“ revolutionäre Gesellschaft aufzubauen. Als die Roten Khmer die Hauptstadt Phnom Penh einnahmen, begann eine fast vierjährige Schreckensherrschaft, die von extremen politischen Repressionen, Massenmorden, Folter und Zwangsarbeit geprägt war. Pol Pot und seine Anhänger strebten nach einer Gesellschaft ohne Klassenunterschiede, was sie durch die völlige Zerstörung aller sozialen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen erreichen wollten. Intellektuelle, Lehrer, Ärzte, Künstler und alle, die als „Feinde“ des neuen Regimes galten, wurden verfolgt und oftmals ermordet. Er reichte dabei, eine Brille zu tragen, eine Fremdsprache zu sprechen oder „weiche“ Hände zu haben… Der Genozid führte zum Tod von schätzungsweise 1,7 bis 2 Millionen Menschen, etwa ein Viertel der Bevölkerung Kambodschas! Pol Pot, der 1976 offiziell Premierminister wurde, setzte eine Politik der Gewalt und Angst durch, die Kambodscha in einen desolaten Zustand versetzte. Die Wirtschaftsstruktur wurde völlig zerstört und das Land verarmte enorm. Kulturelle Errungenschaften und religiöse Praktiken wurden unterdrückt, während das Land von den Roten Khmer wie eine riesige Farm betrieben wurde. Das Ziel war absolut unrealistisch: Verdreifachung der Reisproduktion mit „ungelerntem Personal aus der Stadt“. 1979 endete die Herrschaft der Roten Khmer, als vietnamesische Truppen Kambodscha überrannten und das Regime stürzten. Pol Pot floh ins Dschungelgebiet an der thailändischen Grenze, wo er weiterhin versuchte, den Widerstand zu organisieren. Erst 1997 wurde er von der Führung der Roten Khmer verhaftet und starb 1998 unter mysteriösen Umständen. |
Die Herrschaft der Roten Khmer und Pol Pots Hinterlassenschaft prägen Kambodscha bis heute. Die Bevölkerung leidet noch immer unter den Folgen dieser dunklen Ära.
In stiller Demut schreiten wir durch diese beiden Gedenkstätten. Wir sehen immer wieder andere Besucher, die sich still auf eine der vielen Bänke zurückziehen. Die meisten von ihnen, so wie wir auch, hören dabei den Beschreibungen aus dem Audioguide zu – sie sind in vielen Sprachen verfügbar. Dieses Mal bieten uns diese Guides eine wertvolle Hilfe, dies alles hier verstehen zu können. Heute sehen wir keine fröhlich umherspringenden Kinder oder sich laut unterhaltender Besucher.
Wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt der Gräueltaten. Und dies auch noch unpersönlich auf stummen Fotos und Beschreibungen. Wenn wir Augen schliessen, uns an die gerade gesehenen Bilder erinnern und die Worte des Audioguides hören, bekommen wir nur eine unbestimmte Ahnung von dem, was hier alles im Namen der «gerechten Sache» passierte.
Als wir Choeung Ek mit dem Tuk-Tuk wieder verlassen und uns wieder in der jetzigen Wirklichkeit befinden, sind wir immer noch in uns gekehrt. Erst nach und nach können wir uns über Alltägliches, wie Beruf und Reise unterhalten.
Ob wir mit Jytte noch zusammen zum Znacht ausgehen, wird sich noch zeigen. Sie hat Ohrenschmerzen und folgt dem Rat der Apothekerin, vorsorglich zur Untersuchung ins Spital zu gehen.
Wir lenken uns etwas mit einem Besuch in einem Restaurant ab. Später arbeitet jeder für sich am Reisetagebuch.
Zum Znacht gehen wir noch mit Jytte und ihren zwei Zimmerkolleginnen, Fay aus den Niederlanden und Natalie aus Vorarlberg in ein kleines kambodschanisches Resti aus.
Schreibe einen Kommentar