Komisch, Jo fällt es seit einigen Nächten wieder schwerer durchzuschlafen. Ob es am bevorstehenden Abschied von Laos liegt?
Wie gestern verabredet, stehen wir pünktlich um 8 Uhr, nach dem Zmorge im Zuela Resti, zur Tagestour parat. Lek heisst unser heutiger, englischsprachiger Guide. Mit dem Minibus fahren wir erst zum Morgenmarkt, um alles für das Zmittag einzukaufen.
Jo würde gerne während der knapp 1-stündigen Fahrt bis zum Startpunkt unserer Wanderung noch etwas die Augen zu machen, doch die schlechte Strasse hat etwas dagegen… «Holterdistolper» fahren wir die Ausfallstrasse aus Luang Namtha in ganz grobe Richtung thailändischer Grenze, durch die Nam Ha Biodiversity Conservation Area (eine Art durch die Dörfer selbst verwalteter Nationalpark) bis Nam Sing. So kennen wir schon jetzt für morgen einen Teil des Weges nach Thailand… Ab Nam Sing sind wir zu viert unterwegs: Hier treffen wir auf unseren lokalen Guide, Mr. Khammee, welcher uns heute den ganzen Tag begleiten und den Weg weisen wird.
Zuerst müssen wir ein grosses Gemüseanbaugebiet überqueren. Hier bauen laotische Bauern für eine chinesische Firma im grossen Stil Melone und Erdnüsse an – statt einer zweiten Reisernte! Sie verpachten das Land an die Chinesen, kriegen dafür ein wenig Geld und etwas Arbeit. Alles andere stellen die Chinesen, die i.a. kein Wort Laotisch sprechen, aber dennoch sehr herrisch auftreten. Der Anbau ist durchorganisiert: Die Reisfelder werden teilweise von Hand «gepflügt», Reihen gehäuft, Tropfbewässerungen eingebaut, mit Folien abgedeckt und dann werden die zur Verfügung gestellten Setzlinge gepflanzt. Die laotischen Reisbauern bieten dazu ihre Arbeitskraft – sie verdienen dabei 200’000 Kip/Tag (9 EUR/Tg.).
China als Wirtschafts- und Handelspartner hier im Norden von Laos überall präsent. In den Augen von Ma wird das Land Laos und die Laoten von ihrem grossen Bruder im Norden richtiggehend ausgebeutet.
Lek, unser 25-jähriger Guide, der erst seit einem Jahr als Guide angestellt ist und davor 11 Jahre als Mönch in einer Tempelanlage lebte (11 Jahre seien genug gewesen), meint, dass es mit den Chinesen mal so, mal so sei zu arbeiten. Er ist jedoch froh, nicht als Bauer auf dem Feld arbeiten zu müssen.
Die nächsten 2 ½ Std geht es gut 700 m bis auf knapp 1’300 m.ü.M. hinauf. Wären wir nicht erkältet, würden wir im Sauseschritt hinaufstürmen, 😉 😉 Wenn ich ehrlich sein sollte: Wir sind das einfach nicht mehr gewohnt. Die letzten grösseren Wanderungen sind schon ein Weilchen her. Zwischendurch zeigen uns die Guides, wie aus grossen Bananenblättern Regenhüte gebastelt werden können. Ein Trost: Nicht nur wir sind ermattet, auch Lek ist ganz schön am Schnaufen. Er hatte die letzten 5 Tage frei und ging an der Grenze Freunde besuchen. «Too much beer! And I just retoured yesterday at midnight with the bus», meint er.
Jo hängt seine verschwitzten Sachen zum Trocknen in die Sonne. Ein kleines Kochfeuer wird entfacht. Jetzt werden die am Morgen erworbenen Fische und das Gemüse fachmännisch nach allen Regeln der laotischen Kochkunst über dem offenen Feuer zubereitet. Hierzu dient Bambus als Hilfsmittel für alles! Suppenschüsseln, Mörser, Backofen, Grill, Essstäbchen und Löffel werden aus diesem Holz handgeschnitzt hergestellt.
Der Fisch wird noch mit einigen feinen Kräutern gefüllt, mit Bambusstäbchen im Innern stabilisiert und zwischen Bambusstäben übers Feuer zum Grillen gelegt. Klein gehackte Bananenblüten werden in einem aufgeschnittenen Bambusrohr erhitzt und gedämpft. Erstaunlich schnell ist alles zubereitet. Nach knapp 1 Stunde ist alles bereit. Hungrig wie wir alle sind, bleibt auch nichts mehr übrig. Zum Dessert noch 2 kleine Bananen. Jetzt ist die Bettschwere bei Jo und Lek erreicht – eine Hängematte für ein kleines Nickerchen wäre eine feine Sache.
Anschliessend führt uns Mr. Khammee noch ein Weilchen weiter bergauf. Immer mal wieder gibt es freie Sicht auf das grüne hügelige Umland. Oben auf einem kleinen Plateau auf 1’300 m.ü.M. angekommen, leben einige zurückgezogene Familien aus einem Lahu Dorf. Sie sind gerade mit dem Abschluss der Reisernte beschäftigt. Es gibt weder Wasser noch Strom. Wasser muss mittels Kanister aus dem etwas entfernt und weiter unten gelegenen Bach geholt werden. Der ganze Stolz sind ein paar mit Planen abgedeckte kleine Töffs. So ganz von allem Weltlichen sind sie dann doch nicht abgeschieden.
Wir als gross gewachsene Europäer mit heller Haut und westlich gekleidet werden von den spielenden Kindern wie Ausserirdische bestaunt. Weil wir ihnen nicht geheuer erscheinen, halten sie auch respektvollen Abstand.
Ab jetzt geht es mal mehr, mal weniger steil bergab. Es gibt noch eine weitere Rast im Lahu Dorf selber, wo unser Tourorganisator ein Haus als «Homestay» zum Übernachten für Touristen gebaut hat. Auch hier sind die Kinder sehr neugierig, aber auch sehr vorsichtig und zurückhaltend. Bis hier hoch hat es einen «Highway», einen Motorrad-Highway. Auf diesem festgefahrenen schmalen und sehr steilen Erdweg führt uns unser Guide zurück zum richtigen «Highway», der Strasse durch das Biosphären-Schutzgebiet.
Um kurz nach 16 Uhr sitzen wir alle wieder erschöpft im Minibus. Erst fahren wir noch ein paar wenige Kilometer zurück, um unseren Local Guide Mr. Khammee bei sich Diheime abzusetzen. Geschafft, aber auch glücklich, diese Tour heute noch gemacht zu haben, wackeln wir etwas steif in den Beinen nach der Tröpfelwasser-Dusche aus unserem Brausekopf ins Zuela Resti, in dem wir schon am Morgen gespeist haben. Es sind noch keine 21 Uhr, als wir müde unter die Bettdecke ins Heiabettchen kriechen.
Morgen sagen wir mit etwas schwerem Herzen Tschüss, liebes Laos. Wir haben dich gerne bereist und viel Interessantes über dich in unsere Reisetagebuch eingeschrieben. Mit etwas Glück betten wir morgen unsere müden Häupter in Chiang Rai in Thailand zur Ruhe. Doch davon ein andermal mehr….
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