Relativ früh klingelt Jo’s Wecker uns heute aus dem Bett. Heute beginnt unsere zweite Motorroller-Tour. Bevor wir uns auf die Sättel schwingen können, um ungehindert Gas geben zu können, muss noch einiges erledigt werden. Als erstes müssen wir unsere beiden Roller dafür auch haben. Also auf Schusters Rappen zu Al. Als wir ankommen, ist er noch nicht da, so schauen wir ein wenig der Thai Boxschule beim Unterricht zu. Wer jetzt hier tätowierte, glänzende und muskelbepackte Trainer erwartet, den müssen wir leider enttäuschen. Die kleinen Thais sehen mehr als nur durchschnittlich aus. Ihre Schüler sind oftmals mehr als einen Kopf grösser, massiger und verfügen auch über mehr Arm- sowie Beinlänge. Doch mit einer lang antrainierten Leichtigkeit wissen die Thai-Lehrer immer wieder ihren Schülern lächelnd ein Bein zu stellen.
Al kommt nach wenigen Minuten mit forschem Schritt. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Wir sind nicht die einzigen, welche heute Morgen hier Motorroller ausleihen. Erst noch die Bürokratie erledigen, Helme einstellen und den einzigen und letzten Anweisungen zuhören. Alles andere wird digital erledigt – papierfreies Büro par excellence! Um einiges ärmer, brausen wir nach gut 5 min. zur Unterkunft davon.
«Es ist schon komisch, dass so manche Cafés morgens fast überrannt werden und fast nicht besucht sind», widerfährt es Ma, als wir vom «Nice Café» auf die andere Gassenseite schauen. Im dortigen Café ist es menschenleer, wobei wir hier Glück hatten, einen Platz zu bekommen…
Nach der kleinen Stärkung müssen wir nur noch die letzten Sachen in die Rucksäcke verpacken. Unser grosses Gepäck überlassen wir Mr. Vic, unserem Landlord des Hotels.
Wir werden den Mae Hong Son (MHS) Loop im Uhrzeigersinn fahren und auch den „Umweg“ über Mae Sariang machen. Auf dem Weg raus aus der Stadt muss als Erstes eine Tankstelle angesteuert werden. Innerhalb des grossen Gewerbegürtels um Chiang Mai herum herrscht reger Morgenverkehr. Nur die grossen schweren Trucks sehen wir nirgends, wobei wir sie auch nicht vermissen. Wie immer fährt Ma als Navigatorin vorweg, obwohl Jo diesmal auch einen Telefonhalter am Lenker hat.
Nach gut eineinhalb Stunden ist es dann so weit: Nicht allein, aber mit deutlich weniger Verkehr, kurven wir unserem ersten Stopp, dem Pha Chor Canyon im Mae Wang Nationalpark, an. Hier schlängeln wir uns auf der Strasse bis zum ersten Parkplatz. Von hier geht ein Wanderweg zu diesem Naturphänomen. Ma schnürt sich ihre Wanderschuhe. Als Jo seinen Telefonhalter etwas ausrichten will, bricht dieser ab. Mist! So viel dazu, dass er auch einen hat, jetzt einen hatte…
Wir schauen uns die anderen Töfflis an, und sehen ausser den Helmen auch die eine oder andere Tasche am Lenker hängen. Kurzerhand entschliessen wir uns, auch ohne Rucksäcke loszuwandern. Nach wenigen Schritten fühlt sich Ma in ihren Wanderschuhen etwas «overdressed». Die gedacht etwas fordernde Wanderung ist eher ein gemütlicher Spaziergang von knapp 1 km Länge.
Pha Chor, der «Grand Canyon Thailands», ist ein natürliches Phänomen, das durch eine Anhebung der Erdplatten sowie durch Wind- und Regenerosion verursacht wurde. Geologen glauben, dass dieses Gebiet vor einigen hunderttausend Jahren ein Teil des Ping-Flusses war, als sie die in dem Gebiet verteilten Kieselsteine und Steine untersuchten. Der Fluss änderte schliesslich aufgrund verschiedener Umstände in der Erdentwicklung seine Flussrichtung. Letztendlich wurde Pha Chor dadurch zu einem Hügel, der im Verlauf des Flussbetts zu einer 30 m hohen Klippe ausgewaschen wurde. Teilweise ähneln diese riesigen Monolithen oder römischen Säulen. Bei weiterer Betrachtung erinnern sie uns eher an die Hoodoos in Drumheller, Kanada. Doch hier sind Hoodoos oder Kappen auf den Säulen auch Konglomerate, also verpappte Steine; in Drumheller sind es grosse platte Steine, die die Erosion der Steinsäulen abschirmen.
Nach einer weiteren halben Stunde kurven wir wieder zurück. Visitor Centers laden im Allgemeinen zu einem Besuch ein. Leider fühlen wir uns hier (als ausländische Touristen) nicht sehr willkommen: Ausser uns beiden, ist sonst niemand anwesend. Sämtliche Schalter der Infotafeln sind verweist. Die Infotafeln, die es gibt, sind ausschliesslich in Thai geschrieben. Hier wurde nicht an internationale Gäste und Touristen gedacht. Vielleicht gilt der Pha Chor Canyon im Mae Wang National Park ja als Staatsgeheimnis für alle ausländischen Besucher…?
Weiter geht’s in Richtung Berge zur Unterkunft Rimtharnn Homestay. Schön, dass die Strasse sich wie ein Aal dahinschlängelt. So ist es nicht nur stures geradeaus fahren. Ma verspürt schon seit unseren Stopp am «Grand Canyon» leichten Hunger. Aus diesem Grund biegen wir nicht weit von unserer heutigen Unterkunft zum Zmittag in das Camping & Farmstock links ab. Wir dachten es sei Hochsaison, doch davon ist hier nichts zu spüren. Als einzige Gäste werden wir schnell bedient. Kaum sitzen wir zu Tisch, schmiegt sich ein schönes Büsi um unsere Beine.
Leider ist die Zeit des «Sticky Rice» vorbei. Im Gegensatz zu Laos wird hier zu den herben Gerichten «Steamed Rice» gegessen. «Sticky Rice gibt es allenfalls noch als Dessert in Form von «Mango Sticky Rice». Doch leider ist er hier gerade aus… Doch zaubert die Chefin drei kleine, herrlich saftige Mandarinen hervor. Welch ein Genuss aus dieser unscheinbaren Frucht.
Nur 10 min. später steigen wir im Rimtharnn Homestay von den Rollern ab. Unser kleiner, aber feiner Bungalow liegt fast am Ende der Reihe. Von unserem Balkon schauen wir in der Nachmittagssonne auf den träge dahinfliessenden Wang River.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit gehen wir die paar Meter ins grosse Restaurant der Unterkunft. Hier sind wir – und fühlen wir uns – «muusbeiallei». Wir glauben, dass wir für heute auch die einzigen Gäste sind. Das ganze Areal scheint eine gehemalige Gärternei oder Barumschule gewesen zu sein, das grosse «Restaurant» war vermutlich früher ein riesiges Gewächshaus. Die grossen Ventilatoren an einer der Giebelwände zeugen noch davon. Einer Insel gleich sitzen wir von einem schmalen Kanal umzogen an einem der Tische. Das Wasser im Kanal wird durch einige Unterwasserdüsen in ständiger Strömung gehalten. Eine Vielzahl von Fischen fristen in diesem kargen und tristen Kanal ein trauriges Dasein. Die Bedienung ist sehr aufmerksam und das Essen lecker, doch von der Einsamkeit in dieser grossen Halle überfallen, gehen wir schon bald nach dem Znacht in unseren Bungalow zurück.
Morgen fahren wir auf unserer Tour hoch zu Thailands höchsten Berg den 2’565 m hohen Doi Inthanon. Ihr habt richtig gelesen: Wir fahren, nicht wir wandern oder kraxeln. Doch mehr davon morgen…
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