Auch wenn es bedeckt ist und sich die Sonne gut hinter den Wolken versteckt, ist für Jo die Morgengymnastik (hat er für sich nach langer Zeit wiederentdeckt) eine schweisstreibende Angelegenheit. Dabei handelt es sich nicht um das Stemmen von Gewichten oder irgendwelche Kraftsportübungen.
Nach dem vielseitigen Zmorge leihen wir uns je eine Schnorchel-Ausrüstung bestehend aus Maske mit Schnorchel (daher ja auch der Name ) und die dazu gehörenden Flossen aus. Ab morgen reservieren wir zwei Roller für die nächsten zwei Tage. Wie es der Zufall so will (oder sind es schon Jo’s «Good Karma Schwingungen»?) steht ein Taxi-Fahrer vor der Rezeption und fragt, ob er etwas für uns tun darf. Nur weil wir so nett, freundlich und so höflich sind (aha!) macht er uns einen einmaligen Spezialpreis. Wüssten wir es nicht besser, würden wir uns wirklich auserkoren fühlen. Doch da der Preis nur fast die Hälfte ist vom Preis, den uns Wayan Radi angeboten hatte und der Fahrer lokal als auch die Fahrt so ökologisch sinnvoller ist, sagen wir dem Fahrer zu. Mit der Hoffnung, dass wir uns vielleicht irgendwann irgendwo nochmals wiedersehen werden, schreibt Jo an Wayan Radi, dass wir uns für den örtlichen Fahrer entschieden haben.
Jo’s Bewertung der letzten Unterkunft in Pekarajan, welche ja nicht so gut ausgefallen ist, findet beim Besitzer (oder der Besitzerin?) wenig Zustimmung. Statt eine Erwiederung auf Booking zu hinterlassen, findet er/sie nicht gerade schmeichelhafte Worte per WhatsApp für Jo. Schade, aber irgendwie bezeichnend für diese Unterkunft.
«Jetzt ist das Wetter noch schön und das Meer relativ glatt. Komm lass uns eine Runde schnorcheln gehen», meint Ma zu Jo. Kaum 2 min. später sind wir auch schon im Wasser. Während Ma sich schon von den Wellen davontragen lässt, tut sich Jo heute schwer mit seiner Taucherbrille und dem Schnorchel. Immer wieder läuft die Brille voll Wasser und auch sein Schnorchel läuft immer wieder voll. So kommt keine rechte Freude bei ihm auf. Auch wenn er schon grosse Fischschwärme und riesige pilzförmige Korallen unter Wasser bewundert. Nach mehreren Versuchen gibt er entnervt auf. Dabei hat er doch bei der Schnorchel-Tour vor 4 Tagen so viel Freude gehabt! Hier ist der Wellengang irgendwie zu gross und zu mühsam.
Beim Zmittag in der «grünen Melone» treffen wir auf Peter aus Traunstein am Chiemsee. Wie er erzählt, ist er 86 Jahre alt und ist schon viel herumgekommen. Auch an Orte in USA, Kanada, Alaska, Belize und Mexiko, die wir ebenfalls bereist haben. Schnell finden wir mehr als nur eine Gemeinsamkeit und staunen nicht wenig über seine abenteuerlichen und kurzweiligen Erzählungen: Wie er eine Kleinkaliberwaffe in seinem Velorahmen von Costa Rica bis nach Alaska schmuggelte. Wie er, immer wenn er pleite war und nicht mehr einen 5 Dollar in der Tasche hatte, sich als Tellerwäscher in verschiedenen Restaurants entlang seiner Reise durchschlug. Wie er hierfür eine «geborgte» Sozialversicherungsnummer eines Freundes verwendete – so hatten sie beide etwas davon: Er war ordentlich angemeldet, sein Freund bekam etwas zu seiner Rente hinzu. Schnell finden wir in den verschiedenen Ländern Orte und Landschaften, die auch wir auf unserer Reise durchquert haben. Er erzählt auch, dass er mehrmals in Finnland und Costa Rica als selbständiger Müllermeister verschiedene Getreidemühlen aufbaute. Wir trauen unseren Ohren kaum als er uns etwas über geschmuggelte Krügerrand und Goldnuggets erzählt, wie er 4 Jahre zur See ging, um sich durchzuschlagen. Oder über Kapitäne, die ihre Schiffe mit Mann und Maus versenken wollten, um Versicherungsbetrug zu begehen. Wie an Bord solcher Schiffe Waffen und Munition nach Südamerika geschmuggelt und verkauft wurden und natürlich über all die Frauen, die er immer wieder kennenlernte – oft als Mitreisende, die ihn dann begleiteten. So zieht er jetzt seit 64 Jahren durch die Welt. Mit seinen 499.95 Euro und ein bisschen Witwer-Rente von seiner verstorbenen Frau aus Wien, kommt er immer irgendwie über die Runden. Vor nicht allzu langer Zeit musste er sich in Costa Rica zwei Bypässe und 4 Stents operieren lassen. Doch auch seine mittlerweile 2 Herzinfarkte lassen ihm seinen Optimismus nicht nehmen. Doch wenn er noch 4 Jahre so weiterleben kann, bis er 90 wird, freut er sich über ein tolles Leben. Seine kleine Dachgeschosswohnung, die er seit mehr als 52 Jahre bewohnt, sei ein einziges Museum mit Souvenirs von all seinen Reisen.
Er lacht. Geld habe er keines, aber er fühle sich frei und ungebunden. Die kalten Wintermonate am Chiemsee verbringt er seit einigen Jahren in den warmen Regionen dieser Welt. Und auf jedem Kontinent hat er Bekannte und Freunde, bei denen er Unterschlupf findet.
Es hätte noch stundenlang so weitergehen können. Weil das Restaurant jetzt seine Pforten bis zum Abend schliesst, entschliessen wir uns zurückzugehen. Welch ein Zufall, dass Peter auch in den Good Karma Bungalows wohnt. Mit den Worten «Wir sehen uns morgen zum Frühstück» verabschieden wir uns voneinander.
Ma springt am Nami nochmals kurz in die Wellen. Schon nach einer halben Stunde kommt sie wieder. Durch die einsetzende Ebbe sei das Wasser ganz trüb verwirbelt. So macht es auch ihr nicht so viel Spass.
Spät in der Nacht muss der Hausmeisterdienst noch kommen: Bei uns kommt kein Wasser mehr. Der junge Mann ist fix, klärt noch etwas mit einem Kollegen ab und schon nach knapp 20 min. sprudelt es wieder aus dem Hahn heraus.
Ob unser Zmorge mit Peter auch so amüsant wird wie heute das Zmittag? Und ob wir dann überhaupt noch zu unseren Rollerausflügen kommen? Schliesslich stehen ja morgen extra zwei solche für uns parat… Morgen wissen wir mehr.
Valentin Cesare gessler
Se non è vero e ben trovato.
Ob Alles auch so war ist ja nicht wichtig, es war Unterhaltung.