Heute morgen ist das Glück auf Jo’s Seite. Ma hat nichts zu meckern. Als einzigen Hinweis, dass sie sich besser als Jo in seinem «Gnusch» auskennt, sagt sie ihm, wo noch die anderen Wanderstöcke zu finden sind.
War Jo gestern zum Zmorge Kafi noch alleine in der Camp Kitchen, ist hier heute schon die Hölle los. Überhaupt scheinen am frühen Morgen schon viele auf den Beinen zu sein.
So wie gestern, geht’s auch heute mit dem Shuttle-Bus bis zur Endstation am Dove Lake. Sahen wir gestern wegen des Nebels nichts von den Bergen, heisst es heute: «The mountains are out!». Heute sind die Wolken über den Bergen und die Bergspitzen zu sehen. Ein wenig Sonne wäre noch schöner!
Statt zum bekannteren und viel begangenen Weg zum Marions Lookout, wählen wir heute den wenig begangenen Weg zum Hansons Peak, welcher auf der gegenüber liegenden Seite des Sees liegt. Unsere geplante Tour soll beim Auf- und Abstieg recht anspruchsvoll sein. Auch wenn wir meinen, rechte Schweizer mit ordentlich Berg- und Wandererfahrung zu sein, merken wir bald, dass unsere Kondition recht zu wünschen übrig lässt. Von den beschwingten Schritten, die wir gestern noch hatten, ist heute nicht mehr viel übrig. Was unsere etwas müden Beine vergessen lässt ist, dass heute der blaue Himmel zu sehen ist und etwas später auch die Sonne durch die Wolken bricht.
Wird der Weg zum Hansons Peak immer steiler, so werden wir auf den letzten Metern bis zum Gipfel recht gefordert. Gut, dass dieses Stück durch Ketten gesichert ist. Oben angekommen können wir die Aussicht so richtig geniessen. Auf der einen Seite sehen wir den Dove Lake, dahinter sogar noch den kleinen Lake Lilla und vor uns sehen wir auf die Twisted Lakes und den Lake Hanson hinab, hinter dessen hinterem Ufer eine Nebelwand wie mit einer Schnur gezogen zu sehen ist. Dort scheint das Gelände in ein weiteres Tal abzufallen.
Wenn dieses Stück noch recht «moderat» gewesen sein soll, wie wird dann erst der noch steilere Abstieg werden?? Um unsere Kräfte und Gelenke zu schonen, entscheiden wir uns, die heutige Tour abzuändern. Wir machen eine Runde um die Twisted Lakes. Dieser schmale Weg, der immer wieder kurvenreich auf und ab geht, ist uns heute Herausforderung genug. Wir kommen an unzähligen kleinen Seen, Tümpeln und Wasserlöchern vorbei, die auf unserer Karte gar nicht alle eingezeichnet sind. Waren wir gestern auf der gefühlten 5 Seenwanderung unterwegs, sind es heute unzählige mehr; einer verwunschener als der andere. Wie es in den Bergen so gehen kann, kommt und geht so manche Nebelschwade in Minutenschnelle. Gab es gerade noch die Aussicht auf die Cradle Mountains Gipfel zu bewundern, ist nur wenig später alles in ein Nebelgrau getaucht. Doch dieser Nebel lässt die Landschaft etwas mystisch erscheinen. Sind wir in der Schweiz die schönen Wegweiser und gut sichtbare Wegmarkierungen gewohnt, ist es hier oftmals ein einfacher Holzstecken mit einem Stück Feuerwehrschlauch. Naja, wenn man es einmal weiss, geht es schon. Wir sind froh, nach einer weiteren anstrengenden Stunde wieder an der Wegkreuzung zu sein, von der es nicht mehr weit bis zur Busstation ist. Ab jetzt geht es eher gemächlich bergab, so dass die vorher noch viel gebrauchten Wanderstöcke jetzt fast überflüssig sind.
Mussten wir heute Morgen im vollen Bus stehen, ergattern wir jetzt auf der Rückfahrt die letzten beiden Sitzplätze im Bus. Als sich der Bus in Bewegung setzt, fallen auch schon die ersten Regentropfen vom Himmel. «Alles richtig gemacht», kommt uns in den Sinn.
Zufrieden über den Tag lassen wir uns ein kaltes lokales Bier aus Tassie durch die Kehlen rinnen. Nach einer heissen Duschi für uns, gönnen wir auch unserer Kleidung eine heisse Duschi in der Waschmaschine.
Nach dem Znacht lassen wir noch etwas in die weichen Sofas in der Camp Kitchen sinken.
Morgen lassen wir es auf jeden Fall gemütlicher angehen!
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