Erst wollten wir ohne den lästigen Wecker aufstehen und schauen, wie uns der Morgen erwartet. Doch dann war die Verlockung nach einem eindrucksvollen Sonnenaufgang doch zu gross 😊
Den Kafi haben wir im Rucksack, nicht im Bauch. Ganz ohne alles schleichen wir uns noch in der Dunkelheit aus dem «wilden» Campground davon.
Am Parkplatz beim Trailhead zum Mt. Bruce ist –wie zu erwarten – schon einiges los. Als wir losmarschieren, ist die Sonne am Horizont bereits zu erahnen. Wissentlich, dass wir es bis zum 5 km entfernten Mt. Bruce nicht mehr bis zum Sonnenaufgang schaffen werden, lassen wir uns auch etwas mehr Zeit als die anderen, die schon eilig an uns vorbeischreiten.
Noch liegt der Weg vor uns im Schatten der Dunkelheit. Nach dem ersten Hügel sehen wir, wie es am Horizont immer heller wird. Gleich am Wegesrand liegt ein weiterer kleiner Hügel, den wir erklimmen. Schon von hier aus gibt es einen eindrucksvollen Ausblick auf die unter uns liegende Landschaft. Kaum dampft der heisse Kafi in den Bechern, sehen wir auch die Sonne am Horizont aufsteigen. Ganz entspannt sehen wir wie die Sonne immer höher steigt.
Später steigen wir noch etwas höher. Hier haben wir einen guten Blick auf die Erz-Mine. In der Mine wird mit rund 400 meist eingeflogenen Mitarbeitern, im Turnus von 3 Wochen rund um die Uhr gearbeitet. Von hier oben sehen wir auch einige der langen selbstfahrenden «Auto Haul Infinity» Güterzüge.
Diese Züge sind eine Weiterentwicklung des 2019 gestarteten AutoHaul-Systems – dem ersten vollautonomen Schwerlastzugs der Welt. Diese Züge transportieren Eisenerz auf bis zu 1’700 km langen Strecken von den Minen (z. B. Paraburdoo oder Tom Price) zu den Exporthäfen bei Dampier und Port Hedland. Ein einzelner Zug ist über 2.4 km lang, besteht aus rund 240 Waggons und befördert bis zu 28’000 Tonnen Erz – ohne Lokführer. Die Steuerung erfolgt über ein zentrales Kontrollzentrum in Perth. Das System nutzt GPS, Sensoren, Kameras und ein automatisches Bremssystem. Es kann anhalten, starten, Geschwindigkeit anpassen und auf Signale reagieren – komplett selbstständig. Das Ziel hierbei ist mehr Effizienz, geringerer Verschleiss und weniger menschliches Risiko. Kritiker verweisen jedoch auf Arbeitsplatzverluste und die zunehmende Automatisierung. |
In der noch jungen Minenarbeiterstadt Paraburdoo, die Ende der 1960er Jahre von der Firma Rio Tinto gegründet wurde um dort ihre Arbeiter für den Eisenerzabbau unterzubringen, machen wir unsere Mittagsrast. Paraburdoo verfügt über eine gute Infrastruktur und ist ein typisches Beispiel für Australiens abgegrenzte, aber funktionale Minenstädte im Outback. Sie scheint aus ausschliesslich weisser, gut verdienender Bevölkerung zu bestehen. Die Aboriginal Communities sind irgendwo rund herum im Outback zu finden…
Der Minenbetreiber Rio Tinto ist eines der grössten Bergbauunternehmen der Welt mit Hauptsitzen in London und Melbourne. Das multinationale Unternehmen wurde 1873 in Spanien am Fluss „Río Tinto“, gegründet. Heute ist Rio Tinto vor allem im Abbau von Eisenerz, Aluminium, Kupfer und Uran tätig. In Australien betreibt der Konzern gigantische Eisenerzminen, darunter Tom Price, Paraburdoo und Brockman. Hierbei setzt der Konzern stark auf Automatisierung mit autonom fahrenden Zügen und Lkws. Trotz wirtschaftlichem Erfolg steht der Konzern oft in der Kritik, u. a. wegen Umweltfolgen, Arbeitsbedingungen und – besonders einschneidend – der Sprengung heiliger Aborigine-Stätten in Juukan Gorge im Jahr 2020. Dieses Ereignis löste national und international Empörung aus und führte zu Rücktritten im Management. |
Als wir am Nanutarra Roadhouse zum Tanken aussteigen, ist die Hitze sofort spürbar. Sind wir morgens noch auf knapp 800 m gestartet, sind wir jetzt auf knapp 85 m angekommen. Die Stellplätze sind mit gröberem Sand ausgestreut, der nur so unter Enelis Reifen und unter unseren Schuhen knirscht. Den sonstigen feinen roten Sandstaub, der sich auf alles legt, sucht man hier vergebens. Wir sind froh drum 😉
Zum Znacht möchten wir uns im Resti des Roadhouses verwöhnen lassen. Doch dieses besteht aus vier (!) lustlos in den Tankstellenverkaufsraum gestellten Tischen nebst einigen Stühlen. Wir kochen selbst!
In den vergangenen Stunden haben sich die restlichen Stellplätze um uns herum gefüllt. Mussten wir uns gestern schon kurz nach Sonnenuntergang in Enelis noch warmen Bauch verkriechen, können wir heute noch ein paar Stunden draussen verbringen.
Kommen wir morgen früh gut aus den Federn, begrüssen wir den Sonnenaufgang von der nah gelegenen Brücke, die sich gleich hinter uns über den flachen und doch breit mäandrierenden Ashburton River spannt.
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