Die Nacht war mit -1 °C die kälteste, die es für uns bisher in Australien zu überstehen galt. Die kälteste Nacht im Campervan war bisher -6 °C in Matha vor 1 ½ Jahren in New Mexico den USA. Aber hier in Australien für uns eine ganz neue Erfahrung. Jo muss schon früh aufs Hüsli und sieht dabei, wie über den Thredbo River mystische Dampfschwaden ziehen. Das muss natürlich auf «Film» gebannt werden.
Als wir um halb acht aufstehen, sind es in Eneli auch nur wohlige 6.9 °C, geradezu heiss im Gegensatz zu draussen. Daher spielt sich, bis wir unser Zmorge in den warmen Sonnenstrahlen geniessen können, auch alles in Enelis «warmem Bauch» ab.
Heute steht die «Besteigung» des Mt. Kosciuszko auf dem Tagesprogramm. Dazu packen wir alles ein, von dem wir denken, dass wir es oben auf 2’228 m brauchen, um nicht zu frieren: Regenjacke als Windschutz, Mützen, Handschuhe, Schals und dicke Shirts. Dazu kommen noch ausreichend Verpflegung und Wasser, Ferngläser und Kameras. So sind die Rucksäcke gut gefüllt… Doch zuerst müssen wir uns bis dahin noch etwas warm zittern. Der Ausgangspunkt der Wanderung ist die Sesselliftstation in Thredbo. Die Herausforderung ist, den letzten Lift um 16.15 Uhr wieder talwärts zu erwischen, wobei die Gehzeit mit 5-6 Std. angegeben ist. Es ist etwas Eile geboten, da wir nicht wie gedacht um 9 Uhr startklar sind, sondern erst eine knappe Stunde später. Die Fahrt nach Thredbo ist zum Glück nicht weit. Um zwanzig vor elfi sagt uns die nette Mitarbeiterin, dass der Weg zum «Gipfel» und wieder retour auch in 4 Std. gut zu machen sei. Wir hätten somit genügend Zeit.
Der Sessellift bringt uns von 1’365 m bis auf 1’930 m hinauf. Jetzt sind es eigentlich nur noch 300 Höhenmeter, aber hin und retour etwas mehr als 13 km. Wer jetzt als Schweizer denkt, dass es zum Gipfel ein schmaler Wanderweg ist, der etwas über Stock und Stein geht, den müssen wir leider enttäuschen. Wir würden sagen, dass es ein «Turnschuhwägli» ist: Breit wie eine Autobahn, flach gepflastert und der grösste Teil geht über einen Gitterrost. Übertrieben gesehen könnte man auch in Flip-Flops gehen. Jo hat die etwas stabilere Ausführung an seinen Füssen. Er geht in seinen Treckingsandalen 😉
Der ebene und breite Metallgitterweg hat aber eigentlich auch was Schönes: Wir müssen nicht aufpassen, wo wir hintreten und können den ganzen Weg die Natur und die Umgebung bestaunen.
Ma hat zu anfangs noch etwas Mühe mit der Wanderung. Es ist einfach schon zu lange her, dass wir uns die Wanderschuhe untergeschnürt haben. Was uns auffällt ist, dass ausser ein paar kleinen Vögel und den schon bekannten Rabenkrähen keine weiteren Tiere zu sehen sind. Weder auf dem Boden noch in der Luft. Auch keine Erdlöcher aus, denen das eine oder andere Tier gelaufen kommen könnte. Und doch hat diese Landschaft ihren eigenen Reiz.
Mit der Zeit kommen wir immer besser zurecht. Nach 1.5 km kommen wir am Mt. Kosciuszko Lookout an. Dieser heisst so, weil man von hier einen fantastischen Weitblick auf die Landschaft und den Mt. Kosciuszko hat. Der Wanderweg schlängelt sich wie ein braunes Band durch die Landschaft. Jo’s Wanderhose ist nicht die dickste, daher glaubte er am noch kalten Morgen eine lange Unterhose anziehen zu müssen. Dieser muss er sich schleunigst hinter einem dicken Felsen entledigen 😁
Jetzt sind es noch gut 5 ½ km bis zum Gipfel. Mutig schreiten wir voran, dabei die Uhr nicht aus den Augen lassend. Nach knapp 2 Std. stehen wir vor dem Gipfelkreuz, das hier eine kleinere Steinpyramide ist. Glücklich, diese «Herausforderung» gemeistert zu haben, setzen wir uns bei Windstille und Sonnenschein zur Rast nieder. Von den eingepackten Anziehsachen brauchen wir NICHTS. Was im Grunde genommen auch gut so ist.
Plötzlich hören und sehen wir eine kleine Drohne über uns kreisen. Nach ein paar Runden und Flugübungen meint Jo zum jungen Piloten, dass unten in der Talstation ein Hinweisschild steht, dass Drohnen hier nicht erlaubt seien. Der Pilot scheint sich dessen bewusst und lässt seine Drohne auch umgehend landen und schon können wir alle diese weite Landschaft in Ruhe geniessen.
Nach Gemüsebox, Brot mit Chäs und einen staubtrockenen Guetsli geht es ausgeruht und gestärkt auf den Retourweg. Jetzt sind wir im grossen Strom der «Heimwärtsgeher» Immer wieder hat es grössere Gruppen, die wie wir der Bergstation entgegen wandern. Wie auf dem Hinweg schon, machen wir am Lookout eine kurze Rast. Als wir am Sessellift ankommen, sehen wir, dass wir uns viel zu viele Sorgen wegen der Zeit gemacht haben. Nach etwas mehr als 5 Stunden inkl. der Pausen geht’s für uns wieder abwärts. Da waren wir ja mal nicht so schlecht!! Nun ja, wir sind sehr froh, haben uns unsere Zipperlein nicht mehr gepiesackt!
Wir beziehen wieder unseren schon bekannten Stellplatz im Thredbo Diggings Campground. Natürlich haben wir etwas schwere Beine, was aber auf die lange Wanderung und nicht auf die «Bergwanderung» zurückzuführen ist.
Nach dem Znacht, als es noch hell ist, versuchen wir uns ein weiteres Mal, ein Platypus zu sehen. Gebannt starren wir durch unsere Ferngläser. Statt dieses scheue Tier sehen wir heute auf der anderen Flussseite einige grosse, wohlgenährte Wombats durch das hohe Gras streifen. Etwas weiter auch wieder eine Herde mit dunkelen und hellen Hirschkühen, die friedlich nebeneinander auf Futtersuche sind. War es gestern noch ein kapitaler Dammhirsch mit mächtigem Geweih und Schaufeln, ist es heute ein Sikahirsch mit dunklem Fell und fast so mächtigem Geweih. Nur ein Platypus sehen wir heute nicht. Dafür streunen ein paar neugierige Opossums um uns herum. Diese gefrässigen Gesellen erinnern uns an Stephanies Waschbären in Austin…
Körperlich etwas geschafft betten wir heute schon recht früh unsere müden Häupter in die Ruhekissen. Noch ist die Nacht nicht so kalt wie gestern. Hoffen wir dass es auch so bleibt!
Schreibe einen Kommentar