Der Tag beginnt vom Wetter her besser als vorhergesagt. Statt auszuregnen, ziehen die Regenwolken nur über das Land. Unsere Nachbarn, die ursprünglich aus Ungarn in die USA ausgewandert sind, wollen mit ihrem Tütschi nicht bei Regen über die Schotterstrasse fahren. Sie haben Angst, im Schlamm ins Rutschen zu kommen oder gar stecken zu bleiben. Sicherlich wäre es bei sonnigem Wetter schöner. Aber das Wetter können wir uns nicht malen.
Der schwierigere und anspruchsvollere Teil der Strasse soll hinter uns liegen. Ca. 10 Meilen, nachdem wir aus Chicken aufgebrochen sind, hört Jo ein komisches Geräusch. Nach der Begutachtung von Marthas Unterboden ist der Schaden sichtbar. Auf der Beifahrerseite ist die Stossdämpferaufhängung abgerissen!! Was tun? Guter Rat ist teuer. Nach Dawson City in Kanada sind es 145 km, zurück nach Tok in den USA sind es 165 km. Zurück nach Chicken? Dort stehen bleiben und sich nach Tok abschleppen lassen? Wir entscheiden uns für vorwärts nach Dawson City. Hier ist Hilfe eher möglich als im kleinen Chicken. Dabei sind die Stossdämpfer vorne erst vor 9’000 Meilen gewechselt worden… Bei der Abzweigung nach Eagle ist die Strasse plötzlich wieder asphaltiert. Das gibt uns Zuversicht, weiter in Richtung Grenze zu fahren.
Der unvergleichliche Eindruck dieser beeindruckenden Strasse ist allerdings schon etwas getrübt. Statt diese weitläufigen Landschaften zu beiden Seiten aufzunehmen zu können, liegt das Interesse auf jedem kleinsten Schlagloch mit Bodenunebenheiten. Doch nach einer Weile können wir mit diesem neuen «Fahrgefühl» besser umgehen, gewinnen Vertrauen, dass es so auch geht, und können so die letzten Eindrücke aus Alaska geniessen.
Der Top of the World Highway ist eine grenzüberschreitende festgepresste, sich durch die Landschaften windende Schotterstrasse. Wobei die ersten 20 km und die letzten 20 km vor Dawson City her geteert sind. Im Winter ist der Highway geschlossen. Zum einen hat es immer weniger Verkehr als zur Hochsaison (es hat eigentlich nur Touristen und Jäger, die die Strasse nutzen) und zum anderen ist im Winter eine Fahrzeugrettung mehr als beschwerlich und gefährlich und der Strassenunterhalt zu aufwendig.
JoMa liegt der Grenzübertritt nach Kanada im wahrsten Sinne des Wortes etwas im Magen. Das vorbereitete Müesli muss noch vorher gegessen werden und das übrige Obst «noch etwas verstaut» werden, damit es nicht wieder den Zöllnern abgegeben werden muss. Beides lässt sich leicht arrangieren. Bei dieser Pause findet Ma heraus, dass es in Dawson City eine Autogarage der Kette Napa gibt. Die sind gut. Eine Napa Garage hatte uns in Lincoln in Martha eine neue Lichtmaschine eingebaut.
Der Grenzübertritt nach Kanada ist einfacher und schneller als erwartet. Dass wir nicht gerade durchgewunken werden, ist auch schon alles. Nach 2 Min. sind wir bereits wieder drüben im Yukon, Kanada.
Die Laune bessert sich mit dem Wetter. So langsam kommt die Sonne durch. Die Strasse führt die letzten Kilometer nur noch bergab. Kurz vor Dawson City ist es sogar wieder asphaltiert. Bevor wir nach Dawson reinfahren können, muss erst mit der kostenlosen kleinen Shuttlefähre über den Yukon übergesetzt werden. Das ganze Spieli dauert mit Warten keine 5 Min.
In der Garage kann uns leider nicht sofort geholfen werden. Den Stossdämpfer müssen sie in Whitehorse bestellen und die Lieferung wäre so am Mittwoch Nami da. Wenn es denn der Richtige ist! Der Einbau könnte aber frühestens am Freitag erfolgen – vorher sind sie ausgebucht. Aber der Garagist meint auch, dass wir auch mit dem kaputten Stossdämpfer selber noch nach Whitehorse fahren könnten (nochmals 530 km!). Wir rufen Paddy in Whitehorse an, der Martha schon kennengelernt hat, da er vor drei Wochen bei ihr einen Bremsencheck gemacht hat. Er kann uns einen Termin geben für Freitag ab 8 Uhr. Jo schickt noch die Daten von Martha und die Napa Bestellnummer für die Ersatzteile per mail hin. Dann sollte alles eingetütet sein.
Nach einem ersten kurzen Spaziergang durch das kleine, pittoreske, ehemalige Gold Rush Städtchen mit einem Einkauf im Farmer Market (wer sich über angedötschtes Obst und alte Bananen beschwert, sollte hier mal einkaufen…), geht’s erst wieder mit der Fähre über den Yukon, um dort auf dem schönsten Campground der Umgebung die Nacht zu verbringen.
Schreibe einen Kommentar