Die letzte Nacht in Belize ist so ruhig, wie die anderen Nächte auch. Während wir in der warmen morgendlichen Sonne das Zmorge geniessen, liest Jo Kommentare aus der Heimat: Es heisst «Kölle Alaaf» und zu Hause in Amden wird der «Schmudo» mit den «Maschgern» eingeläutet. Uns kommt es vor, wie aus einer anderen Welt…
Die Grenze nach Guatemala ist nicht weit; nur eine halbe Stunde zu fahren. Dort wo wir gestern Lee Chuen und Kip getroffen haben, nur noch ein kleines Stück weiter. Die Grenze ist unscheinbar und voller Gewusel. Wie üblich sind viele Soldaten und Polizeibeamte präsent.
Erst wird die Ausreise aus Belize amtlich im Pass abgestempelt und der Belize-TIP (temporary import permit) für Martha gelöscht. Anschliessend muss Martha durch eine Art Waschanlage und wird mit einem Pestizid besprüht (als ob dies etwas gegen die Einschleppung von Schädlingen helfen würde…). JoMa müssen etwas zwischen Immigration, Customs (Einfuhr bzw. TIP für Martha in Guatemala) und den Büdchen auf der anderen Strassenseite hin und her wandern. Erst die Begleichung der Gebühr für die „Fumigation“, dann eine Kopie des Passes mit dem guatemaltekischen Einreisestempel, die Begleichung der Einfuhrgebühren und schliesslich zurück zum Zoll-Schalter. Es ist für alle ein einträgliches Geschäft… Statt mit dem Taxi zur nächsten Bank und dort die Einfuhrquittung gebührenfrei zu begleichen, kann dies direkt hier vor Ort mit ein paar extra Gebühren beglichen werden. Martha muss hier stehen bleiben.
Vivian, die Grenzbeamtin beim Zoll ist ein wirklicher Schatz! Sie spricht sehr gut Englisch und hilft JoMa, wo sie nur kann. Jo meint im Scherz, dass sie gerne Martha im Juni kaufen kann, wenn sie denn möchte. Und sie ist wirklich sehr interessiert! Schnell wird auf einem Blatt Papier alles Nötige aufgeschrieben. Vivian erzählt, dass sie nur 50 %, wochenweise, arbeitet. Sie wohnt in Guatemala City. Statt 18 Stunden Busfahrt nimmt sie jeweils den Flieger. Das sei günstig und gehe viel schneller und bequemer. Wenn wir in Guatemala City seien, sollen wir uns gerne bei ihr melden. Wenn sie auch da ist, würde sie uns gerne die Stadt zeigen. Und überhaupt, falls wir mal Hilfe bräuchten, dürften wir sie jederzeit anrufen. Jo fragt wieder im Scherz, ob wir ein Selfie mit unserem hilfreichen Engel machen dürfen. «Selbstverständlich» meint Vivian. Völlig perplex hierüber zückt Jo sein Telefon, um das Foto zu machen:
Alles in Allem war es bei diesem Grenzübertritt recht einfach und unkompliziert.
Ab jetzt wird wieder spanisch gesprochen. Ma, die Arme, ist nun wieder mehr gefordert. Leider!
In der nahegelegenen guatemaltekischen Grenzstadt wird noch Geld gewechselt und eine neue SIM Karte mit Datenvolumen gekauft. Ausserdem wird der Kühlschrank und das Früchtenetz gefüllt, sowie Benzin getankt, das hier etwa 1/3 günstiger ist, als in Belize.
Auf eine Empfehlung hin von Vivian, machen wir einen Abstecher zu den Maya-Ruinen von Yaxhá. Die letzten Kilometer Gravelroad bis zu Lodge fordert uns allen alles ab. Es ist mehr als nur eine einfache Rüttel-Schüttel-Strasse. Für diese 11 km benötigen wir mehr als eine halbe Stunde. Zu Fuss ist nicht viel langsamer! Doch „in the Middle of Nowhere“ erwartet uns – wie so oft – eine positive Überraschung: Die Ecolodge El Sombrero an der Lagune Yaxhá ist eine wirkliche Oase.
Von hier aus sind es bis zu den Ruinen nochmals gut 3 km. Das können wir heute zu Fuss nicht mehr schaffen. Und Martha wollen wir nicht noch eine weitere Geländeprüfung zumuten. Der Betreiber der Lodge bietet JoMa an, sie zu den Ruinen zu fahren. Er kennt es anscheinend schon sehr gut. So wie er über den Weg (man mag es kaum Strasse nennen) prescht, können JoMa es nur vermuten.
Bis Sonnenuntergang um 17.30 Uhr sind es noch 2 Std. In der Dunkelheit möchte er nicht fahren. So in einer Stunde holt er uns hier wieder ab. Beim Guide erfahren JoMa, dass man normalerweise schon 3 Stunden für einen Rundgang benötigt. Ma meint, er mache einen Scherz. Aber schnell wird klar, dass dem nicht so ist. «Wir müssen uns sputen und haben keine Zeit zu verlieren». JoMa haben mittlerweile schon mehrere Maya Ruinen besucht. Daher kennen sie schon einiges und müssen nun nicht alles in diesem wirklich weitläufigen Areal erkunden. Sie konzentrieren sich auf das Wichtigste. Schliesslich wollen sie noch die berühmten Ruinen in Tikal besuchen.
Doch diese Anlage ist beeindruckend – sie liegt mitten im Dschungel ist wirklich riesig. Und das Tüpfelchen auf dem «i»: Man darf die höchsten Pyramiden besteigen und die Fernsicht über Dschungel und die Lagunen geniessen.
In der Lodge sitzt Jon aus New York ganz allein an seinem Tisch. So geht das nicht. Er freut sich über die Einladung von JoMa, sich zu ihnen zu setzen. Wie alle anderen, beneidet er JoMa zu ihrer Entscheidung, in Frühpension gegangen zu sein. In den USA muss bis zur ordentlichen Pensionierung bis 67 gearbeitet werden. Leider hat er bis dahin noch einige Jahre vor sich. Aber er trägt sich auch schon mit dem Gedanken, früher aufzuhören. Auf die Frage seines Arbeitgebers Ernst & Young, ob er sein Pensum noch ein wenig erhöhen möchte, dachte er sich, dass er eigentlich lieber gar nicht mehr arbeiten möchte. Das hat er allerdings nicht gesagt, sondern dass er es bei seinem Pensum belassen will. Er kann als Consultant von zu Hause aus arbeiten. Seine Frau mit ihrer Übersetzungsagentur arbeitet vom Zimmer nebenan aus… Sie ist Dänin. Zusammen besuchen sie den Familienzweig in Dänemark im Schnitt alle 2 Jahre. Er findet die Winter in Dänemark anders als die in New York. Irgendwie unangenehm. Den kölschenen Ausdruck «üsselisch» glaubt er passend dafür zu finden.
Morgen um 8 Uhr kommt sein Taxi. Wie üblich ist die Dämmerung mit ihren wenigen Minuten sehr kurz. Plötzlich ist es schon wieder finstere Nacht. Vielleicht sieht man sich noch Frühstück.
Die Nacht ist finster und relativ warm. Nicht so schön angenehm kühl, wie in San Ignacio. Die Affen turnen und brüllen über Martha herum, geben dann aber auch bald Ruhe. Der erste Tag und die erste Nacht in Guatemala gehen entspannt zu Ende.
Heidi
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