Für uns ist die Nacht schon um 5 Uhr zu Ende: Um 6 Uhr sollten wir bei der Hochzeitsgesellschaft erscheinen. Mit nur einem kurzen Kafi geht’s für uns los.
Als wir ankommen, sind schon alle in heller Aufregung und Beschäftigung. Orawans Schönheitssalon ist schon seit 4 Uhr geöffnet. Hier werden sie und ihre «Brautjungfern» professionell gestylt.
Auch Dieter und wir werden einer Verschönerung unterzogen, was aber nicht das Make-up betrifft, sondern «nur» die Einkleidung. Schnell schlüpfen wir unter Hilfe in unsere bereitgelegten Kleider. Nach 5 min. sind WIR schon parat.
Nur wenig später erscheinen die Mönche, um ihre Gaben zu empfangen und um das Paar, den Tag und die Gesellschaft zu segnen. Zum Abschluss ertönt ihr segenspendender Gesang.
Während all dem herrscht schon Betriebsamkeit drum herum. Gleich geht es auch für uns los.
Fast unbemerkt ist die Ankunft des Mönches, der die Segnung des Brautpaares durchführt. Er sitzt etwas abseits für sich allein. Ehrerbietig wird im sofort ein frischer Kaffee angeboten.
Wieder wird uns, als Ehrengäste, etwas Besonderes zu teil. Nicht nur dass wir direkt neben dem Brautpaar sitzen, uns werden vom Mönch gesegnete Buddhas in Gold und Silber in einem kleinen Tabernakel um den Hals gehängt.
Dann geht es los mit dem Rundgang durch Khun Han und dem «Freikauf» der Braut: Mit Dieter als Bräutigam an der Spitze, uns beiden etwas hintendrein und seinem weiteren Gefolge, schreiten wir alle zusammen unter Begleitung lauter Musik eine Runde um das Geviert ab. Wie das hier in Thailand so üblich ist, herrscht etwas Chaos bzw. Unschlüssigkeit über den Weg. Doch zum Schluss kommt auch dieses gut. Zurück bei der Braut angekommen, muss Dieter diese nun freikaufen. Er darf erst über die letzten quergespannten Gürtel der Einfahrt, wenn er mit seinen Tanzeinlagen genüge getan hat.
Während all dem steht es daneben nicht still. Die ersten Gäste werden schon verköstigt, es herrscht eine ausgelassene Stimmung.
Fast unbemerkt ist die Ankunft des Priesters oder Offiziellen, der die eigentliche Trauung vollzieht. Er kommentiert die den Ablauf des «Brautfreikaufs» von der Mutter von Orawan. Es werden Geldgeschenke ausgebreitet und diese zusammen mit den Ringen in einen Beutel gepackt, den die Brautmutter unter lautem Gejohle mit sich nimmt. Anschliessend kommt der offizielle Teil der Trauungszeremoonie: Orawan und Dieter werden symbolisch verbunden, «füttern» sich mit Ei, Wasser und Banane und werden gesegnet und verbunden.
Dieser eigentlich wichtigste Teil des ganzen Tages, ist wie Vieles, eine fast verstecke Zeremonie. Natürlich steht der Fotograf parat, um Fotos zu machen, und einige andere Gäste zücken auch ihre Telefone, doch die grosse Mehrheit der Hochzeitsgesellschaft ist mit Essen und fröhlichen Plaudereien beschäftigt.
Nach der Trauung werden dem Brautpaar, wie auch uns, weisse Baumwollfäden (Sai Sin), teilweise mit eingeknotetem Geld um die Handgelenke gebunden. Diese stehen für die Lehren Buddhas. Er soll den Raum, den er überspannt, beschützen und schlechte Geister abhalten. Des Weiteren gilt er als Zeichen von Wertschätzung und Respekt und viele der Gäste, die uns welche umbinden, wünschen uns damit auch viel Glück. Wir fühlen uns durch dies alles sehr geehrt!
Jetzt endlich, nachdem alle anderen schon bei ihrem zweiten oder dritten Teller angekommen sind, wird auch uns das Essen serviert.
Das offizielle Hochzeitsfest hat nun angefangen. Somit beginnt auch die Band mit ihren 4 Tänzerinnen mit Gesang und Tanz. Wie die Bühne und die Lautsprecheranlage es vermuten lässt, nicht als nette Untermalung, sondern ganz prominent mit entsprechender Lautstärke. Ab jetzt wird jedes Gespräch zu einem Gebrüll…
Plötzlich wird das Ganze durch einen halbstündigen Stromausfall unterbrochen. Herrlich, diese Stille! Doch danach es geht unvermindert und ohne weitere Pausen weiter. Was für unsere Ohren befremdlich und holprig klingen mag, scheinen wohlbekannte Lieder zu sein. Oftmals singen die Gäste mit.
Als es nach ein paar Stunden immer heisser wird, entledigen wir uns, wie auch alle anderen, unserer traditionellen Kleidung. Léger gekleidet können wir es nun ein wenig mehr geniessen. Es scheint ein nicht enden wollendes Fest an Speisen und Getränken zu sein. Wobei die Getränke klar verteilt sind. Die Männer trinken meistens Bier (meist mit Eiswürfen gekühlt und verdünnt), die Frauen halten sich lieber an den thailändischen Whiskey. Was bei den kleinen Thai Frauen entsprechend schnell zu einer ausgelassenen Stimmung führt. Zwischendurch gibt es «Karaoke»-Gesangseinlagen von Gästen mit der Band. Und schliesslich spielt die Band ohne Punkt und Komma bis um 17 Uhr durch. Für unsere Ohren klingen die Lieder fast monoton, alle sind gleich an Rhythmus und Tonlage.
Nach ein paar Zugaben ist auch kurz nach 17 Uhr Schluss für die Band. Bei laufendem Fest, noch bevor die Dunkelheit einsetzt, werden die Zelte und erste Teile der Bühne abgebaut. Auch hier das übliche Gewusel durcheinander.
Nach diesem offiziellen Teil des Festes, jetzt wo alle Schüsseln und Töpfe ratzeputz leergegessen sind, beginnt die «After Show Party». Wie kann es anders sein als mit persönlichen Karaoke-Gesangseinlagen? Je später der Abend, desto schiefer die Töne und desto lauter die Musik vom Band. Während die arme Ma dem Lärm ungeschützt ausgesetzt ist, hat sich Jo Tempopapier in die Ohren gesteckt.
Als mit jedem Bass das T-Shirt am Körper klebt und alles vibriert verabschieden wir uns. «Ciao bis morgen, wir sehen uns zur Massage wieder!»
Wenig später geht für uns dieser einmalige, und sehr beeindruckende Tag zu Ende.
Heidi
Hui so lebhaft und anschaulich beschrieben. Ich weiß nicht ob ich sagen soll ihr Glücklichen oder ihr Armen. Wahrscheinlich beides. Bestimmt ein berauschenden Fest so kam es rüber.