Kurz bevor wir aufbrechen, verabschieden sich unsere deutschen Nachbarn von uns mit noch ein paar interessanten Reisetips. «Da gibt es das beste Brot in ganz Kanada, und dort hat es tolle heisse Quellen…»; diese Empfehlungen nehmen JoMa gerne an.
Weiter geht es auf dem Hwy 37 North Richtung Tā Ch’ilā, Boya Lake.
Bei der Tanke in Iskut stehen 2 Töff mit ZH Nummernschild. Natürlich wechseln wir ein paar Worte im heimischen Dialekt. Die beiden sind ihre 2. 2 Monate hier unterwegs. «Kennt ihr aus Amden eine Ruth…? Die wohnt direkt, wenn man rein kommt, links, in einem Holzchalet.» JoMa können da leider nur mit den Schultern zucken…
Beim kleinen Ort Dease Lake beim Northern Lights College soll es ein öffentliches WiFi geben. Das ist die einzige Internetverbindung im Umkreis von hunderten von Kilometern! Also machen wir hier kurz Rast, um uns auf den neuesten Stand der wichtigsten Textnachrichten zu bringen. Für mehr reicht die Bandbreite dann doch nicht aus…
Schon bald kommen JoMa mit einem Lehrer des Colleges ins Gespräch. Er ist in Luxembourg geboren und arbeitet nun seit einigen Jahren hier an der Schule. Er will eigentlich nur eine kurze Ziggipause machen, um sich dann wieder seiner Arbeit zu widmen.
Gleichzeitig kommt eine dicke Karre daher gefahren. Valentin, der unrasierte und mit Stirnband im Stil der nuller Jahre bekleidete Fahrer, kommt auf uns zu und will eigentlich auch nur das WiFi nutzen. Der zweite Satz aus seinem Mund ist Nadja, seiner Partnerin, in Schweizerdeutsch gewidmet… Das tönt seehr heimisch. «Wie, Ihr chömet au us Schwiiz?» fragen JoMa «Mir sind aus Walenstadt.» «Und mir aus Amde…!» So nah aus der Schweizer Nachbarschaft werden wir wohl nicht so schnell wieder jemanden treffen. Natürlich gibts da mehr als nur ein kurzes Hallo…
Alle sprechen mit allen und so hören wir vom belgischen Lehrer auch noch drei unterhaltsame Geschichten aus Dease Lake:
- Wenn im Herbst die Lachse gefangen werden kommen aus Vancouver die grossen Kühltrucks angefahren. Nach dem Verladen hat es nur noch 72 Stunden Zeit, um den Lachs als «fangfrisch aus Alaska» deklariert in Vancouver abzuliefern. Ansonsten ist es nur noch «tiefgefrorener Lachs aus Alaska». Trifft der Lachs innerhalb der 72 Std. ein, gibts für die Fahrer eine saftige Prämie. Also drücken diese das Gaspedal bis zum Bodenblech durch. Nun hat es hier oben auf der Strecke eine scharfe Linkskurve und wird diese etwas zu schnell genommen, machen die Trucks manchmal einen Kopfstand. Durch das sehr schnell funktionierende Buschtelefon weiss jeder schon nach einer knappen viertel Stunde darüber Bescheid. Alle kommen sofort zum verunglückten Lastwagen, aber nicht, um ihn wieder aufzustellen, sondern den frischen Lachs blitzschnell in den heimischen Tiefkühltruhen verschwinden zu lassen (er müsste ja sowieso weggeschmissen werden – wieso also vergeuden…) Und so kommt es, dass es für jeden hier im Ort genügend Lachs für die nächsten Monate hat….
- Natürlich hat es hier am Ort auch eine Polizeistation. Doch eine Stunde vor Dienstschluss um 16 h, ist die Zeit der Bürostunde und nach Dienstschluss um 17 h ist hier eine Polizei freie Zone. Und ausserdem was soll hier schon gross passieren? Gegen Vetterliwirtschaft wird folgendermassen vorgesorgt: Alle drei Jahre werden neue Polizisten aus den Grossstädten hier her versetzt. Eigentlich eine gute Sache, denn hier können sie sich von einem anstehenden Burn Out erholen und entschleunigen. Diese neuen Grossstadt-Cops sind dann in den ersten Wochen «ein wenig übermotiviert», kommen in voller Montur mit allem drum und dran und es kommt immer wieder zu lustigen Szenen, aber sie passen sich immer schnell dem vorherrschenden Tempo an…
- Ebenso kommt alle zwei Jahre der Chief vom DoT (Department of Transportation) um die Fahrzeugkontrolle an allen PKW in der Stadt durchzuführen. Da er sich im einzigen Hotel weit und breit einquartiert, wissen alle sofort Bescheid, wenn er da ist. Leider sind, wie es der Zufall so will, an den Tagen der angesetzten Kontrolle fast alle Einwohner in ihren Ferien…
Es erzählt sich gemütlicher mit einer Tasse Kafi und ein paar Guetsli im Sitzen. Kaum hocken wir fröhlich und gemütlich zusammen auf der Bank, fahren Ana & Angelo mit ihren Tütschi mit ZH Kennzeichen vorbei, um hier ihr Zmittag zu machen.
So hocken nun 6 Schweizer beisammen und haben es lustig miteinander. «Wo kommt ihr her, wo geht es hin, wie lange seid ihr schon und noch unterwegs?» Wir tauschen untereinander alle möglichen Kontaktdaten aus und versprechen uns, dass wir uns schon irgendwo wiedersehen werden. Ana & Angelo wohnen mittlerweile in Italien, gerade mal 20 min. von Ancona entfernt. Wenn sie selber im Herbst 2025 von ihrer eigenen Reise zurück sind, dann sind wir herzlich zur Olivenernte mit Lasagne-Essen eingeladen, bis wir dick und rund sind. Jo und Valentin überlegen sich das ernsthaft!
Bevor wir alle in verschiedene Richtungen aufbrechen, muss noch der Gwunder gestillt werden: Wir machen gegenseitige «Hausbegehungen». «Boah, ihr händ’s aber schö», beglückwünschen wir uns gegenseitig…
Für uns heisst es noch gut 2 Stunden weiter fahren in Richtung Norden. Nach ca. 10 min. kommt ein Hinweisschild, dass es die nächste Tankstelle erst in 230 km hat. JoMa rechnen nach. «Es reicht noch, wir müssen nicht umdrehen und tanken.» Die angezeigten «Ortschaften» Jade City und Good Hope Lake sind nichts mehr, als Arbeitercamps mit vielleicht 20 kleinen Häusern der einzelnen Minengesellschaften.
Ein Stachelschwein kreuzt im Müssiggang die Strasse, um ins Gebüsch zu verschwinden. Der Fuchs ein paar Kilometer weiter ist für Ma nun das Fotomotiv des Tages!
Heute kommen wir spät am Tā Ch’ilā Boya Lake Campground an. Somit ist leider kein Logenplatz direkt am See mehr verfügbar. Ma macht sich direkt daran, das Znacht zu kreieren. Jo macht derweil Bekanntschaft mit Roland & Marlies, die mit ihrem Auto mit Berner Kennzeichen uns gegenüber stehen. Die beiden Pensionäre haben diheime alles aufgegeben. Das Haus verkauft und fast alle Zelte nach Hause hin abgerochen. Ausser dass jetzt eine kleine Enkeltochter darauf wartet, seine Grosseltern zum ersten Mal live zu sehen…
Jo erzählt, dass heute wohl der Schweizer Tag ist. «Du, die beiden aus Tsüri, die jetzt in Italien leben, haben wir auch schon getroffen. Natürlich haben sie uns auch eingeladen, um mal auf einen Sprung vorbei zu kommen…», meint Rolä schmunzelnd. Hier oben im Norden von Kanada, bei diesen sehr wenigen Strassen, kommt man fast nicht umhin, sich öfters zu sehen.
Nach diesem anstrengenden «Quassel Tag», gehen nun alle früh ins Heihabettchen.
Wir überlegen Morgen, wie es weiter gehen soll….
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