Diese Nacht war mit 3 °C wieder recht frisch. Doch wir haben uns gut eingemümmelt und mussten nicht frieren. Der Wecker reisst uns alle aus unserem Schönheitsschlaf. Noch etwas müde und doch voller Vorfreude auf die bestimmt einmalige Wanderung durch den Bryce Canyon, lässt uns alle zügig voranmachen. Pünktlich zur Abfahrt um halb acht ist alles parat. Ein wunderschöner Tag kündigt sich an.
Der Morgen ist noch so frisch, dass sich JoMa mal wieder für lange Hosen entscheiden. Wie erhofft, finden wir am Trailhead zum Fairytale Loop auch noch einen Parkplatz. Den letzten, um genau zu sein. Als Jo aussteigt, um sich seine Wanderschuhe anzuziehen, hört er es wieder. Dieses Geräusch. Zsch… Leise, aber deutlich. Nur ist es diesmal nicht das kleine Entlüftungsventil für den Gastank. Nein, diesmal ist es der rechte Hinterreifen (ja genau, es ist derselbe Reifen der in Merida, Mexiko, einen grossen Veloflicken verpasst bekommen hat und bisher gehalten hat – und das Ganze für umgerechnet 5 USD). Das ist jetzt nicht so gut, finden wir. Wenn wir Martha hier stehen lassen, riskieren wir, dass wir nach der Wanderung einen Platten haben. So beschliessen wir, eine Garage aufzusuchen. Es ist Samstag, also sollte etwas möglich sein.
Die nächstgelegene Tankstelle mit Auto Service ist 10 Meilen entfernt, ausserhalb des Nationalparks. Nur ist dort leider heute der Auto Service geschlossen. Der nächstmögliche Service ist in Panguitch und weiere 22 Meilen entfernt. Garagen und Reifenservice sollten wir dort finden. Nichts wie dahin! Doch obwohl wir kreuz und quer durch die Stadt Panguitch fahren und alle Adressen abklappern, die wir von der Tanke bekommen haben, hat heute nichts offen. So langsam realisieren JoMa, dass es ein langes arbeitsfreies Wochenende ist. Am Montag ist Memorial Day und somit Feiertag. Viele nutzten das lange Wochenende, um ins Grüne oder zu Familientreffen zu fahren. Memorial Day ist ein Familientag.
Also, Plan B: Reserverad. Und dann am Dienstag weiter schauen. Nur leider ist der Wagenheber, den wir in Martha haben, «out of order». Jo fragt den Nächstbesten, ob er jemanden kennt, der uns einen Wagenheber leihen kann. Fehlanzeige! Aber bei NAPA Autoparts gibt’s so etwas. Der ist nicht mehr weit und sollte am Samstag geöffnet haben! Für kleines Geld gibt es dort einen ebenso kleinen, hydraulischen Wagenheber, der Marthas Gewicht stemmen kann. Wechseln dürfen wir den Reifen hier auf dem Parkplatz.
Das Reserverad ist mindestens noch einmal einen Reifenwechsel älter als die jetzigen Reifen, die JoMa letztes Jahr im Juli im Yellostone Park komplett wechselten. Das Reserverad muss vom Profil her noch älter sein, als die alten Reifen es waren. Macht nichts, das geht schon!
Schon nach kurzer Zeit ist dank des neuen Wagenhebers alles erledigt. Genügend Luft ist auch drin. Fein, so können wir direkt einen zweiten Anlauf zur Wanderung machen.
Also alles wieder retour. Gut 3 ½ Std. später sind wir wieder am Trailhead zum Fairytale Loop. Natürlich sind schon alle Parkplätze belegt 🙁 Wir quetschen uns in eine halb legale Zone und warten ein paar Minuten. Vielleicht kommt ja schon jemand von seiner Wanderung zurück. Tatsächlich sehen wir einen Wanderer auf einer Bank sitzen, der uns von der Tour vorschwärmt. Er telefoniert nur noch schnell, dann dürfen wir seinen Parkplatz haben! Das nennt man jetzt mal Glück.
Schon vom Start weg sind wir von dieser einmaligen Landschaft fasziniert – wie schon einige Male hier in den USA. Die USA sind wirklich ein Land, das viele faszinierende Landschaften zu bieten hat! Hier im Bryce Canyon ist es gerade so, als würden wir in eine andere Welt eintauchen. Im Gegensatz zum Monument Valley mit seinen massiven Felsnadeln, dem Needles NP mit seinen kleineren Gesteinsnadeln und dem Goblins NP mit seinen Sandstein-Figuren ist der Bryce Canyon aus losem, lockerem Gestein. An jeder Felsnadel rieseln kleine Steine und Erde herab. Das dies überhaupt die letzten zigtausend Jahre überdauern konnte ist ein wahres Wunder! Auch die Farben sind einmalig: Sie chargieren von rot, orange über ein leichtes rosa bis zu lachsfarben.
Unsere Wanderung geht wieder über mehr als 12 km und knapp 500 Höhenmeter. Immer wieder sind am Himmel dunkelgraue Wolken auszumachen. «Heute werden die Regenjacken eingepackt. Keine Widerrede!», gibt Ma entschieden von sich.
Der Weg zieht sich in einem weiten Bogen durch den Canyon. Wir können fast nicht aufhören, Fotos von dieser bizarren Gesteinswelt zu machen.
Nach einem Drittel des Weges kommen uns doch tatsächlich Markus & Ariane entgegen! Die Freude ist auf allen Seiten gross. Mit Staunen vernehmen sie die Reifen-wechsel-dich-Geschichte…Wenn wir nach der Dusche beim Grocery Store im Park Lust und Zeit hätten, seien wir gerne auf ein Bier bei ihnen eingeladen. Sie stehen nicht weit von dort. Wir schauen, weil wir eigentlich noch zum Sonnenuntergang zum Rainbow Point (eine Empfehlung von Dan) fahren möchten, ganz am Westen der Scenic Road durch den Park – etwa 45 Min. Fahrt…
Immer wieder geht der Weg auf und ab. An einem schönen Platz, unten im Canyon, rasten wir gemütlich. Wir sind ungefähr bei der Hälfte der Tour angekommen. Beschwingt und erholt geht es nach der Stärkung weiter. Die vielen Wolken wechseln sich minütlich mit Sonnenschein ab. Am Horizont sind fast schwarze Gewitterwolken auszumachen. Hoffentlich ziehen diese an uns vorbei! Diese Kombination von Sonnenschein und schwarzen Gewitterwolken bilden mit dem Gestein eine einmalige Farbenpracht!
Wir wissen, dass das letzte Stück des Weges nur noch bergauf geht. So langsam machen sich die schweren Beine bemerkbar. Auch die Höhe von über 2’300 m macht die Luft zum Atmen merklich dünn. Auf den letzten 10 min. trifft uns doch noch der kalte und stürmische Regen. Was sind wir um die Regenjacken froh. Nur halb und nicht ganz durchnässt finden wir in Martha Unterschlupf. Kaum sind wir in der trockenen Martha, kommt auch schon wieder die Sonne raus. «Was für eine Unverschämtheit», denken sich JoMa.
Die Duschen hier im Campground sind lange und schön heiss und ihr Geld mehr als wert. Ma ist müde. So fahren wir bis auf wenige Schritte zu Markus & Arianes Stellplatz heran. Wir werden schon fröhlich erwartet. Plötzlich klopfen deren Nachbarn an die Türe und laden sie zu ihrer Memorial Day Familien-Grillparty ein. Weder Markus noch Ariane sind überschwängliche Fleischesser. Sie warten lieber ein Weilchen, bis alles vom Grill verputzt ist. Mit vegetarisch und grosser Salatvielfalt ist dort nicht zu rechnen… Aber mit Bier und Wein, so wie es aussieht.
Um nicht all zu spät zu unserem Campground zu kommen, sagen wir Adieu. Wir haben auf der Reise gelernt, dass man sich immer öfters im Leben sieht. Vielleicht auf ein andermal in Göttingen oder bei uns in Amden?!
Die untergehende Sonne wirft lange Schatten über die Landschaft. Zu einem traumhaften Abend fehlen leider ein Grad Wärme. Ma ist hundemüde und macht sich auch schon bald nach dem Znacht auf ins Heihabettchen. Jo bringt die Erlebnisse des Tages noch zu Papier, bzw. in den Laptop rein. Dann ist auch für ihn der Tag zu Ende.
Morgen lassen wir auf uns zu kommen. Ob es noch eine Runde durch den Bryce Canyon auf der Scenic Road geben wird, oder wir doch lieber ausschlafen und den Tag ruhig beginnen, sehen wir morgen. Bis dahin wünschen wir eine gute Nacht.
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